Zum Inhalt springen

Studie von Avenir Suisse Billigeres und trotzdem besseres Gesundheitswesen?

Im Schweizer Gesundheitswesen brauche es eine grundlegende Änderung, kommt Avenir Suisse in einer Studie zum Schluss . Der Fokus solle weg von den Kosten hin zur Qualität. Wie das im Detail gehen soll, erklärt Jérôme Cosandey, Direktor Romand von Avenir Suisse.

Jérôme Cosandey

Denkfabrik Avenir Suisse

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Jérôme Cosandey ist Direktor Romand von Avenir Suisse . Der studiuerte ETH-Ingenieur setzt sich zudem als Forschungsleiter vorwiegend mit der Altersvorsorge, Gesundheitspolitik sowie mit dem Generationenvertrag auseinander.

SRF News: Wie viel würde man sparen, wenn Ihr Ansatz konsequent weiterverfolgt würde?

Jérôme Cosandey: Das Ziel ist nicht per se, zu sparen. Ich bin überzeugt, dass Qualität zu Einsparungen führt, weil sie unnötige Operationen, Komplikationen und Übermedikation vermeiden kann.

Ich bin überzeugt, dass Qualität zu Einsparungen führt.

Aber klar: Wenn eine Massnahme fürs Wohl der Bevölkerung sinnvoll ist, sollte man dieses Geld auch investieren. Studien zeigen allerdings, dass rund 20 Prozent Ineffizienzen im System enthalten sind.

Das impliziert, dass sich Ärztinnen, Spitäler und Therapeuten vor allem in die eigene Tasche wirtschaften.

Es ist nicht so, dass jeder Chirurg nur ans Portemonnaie denkt. Aber natürlich sind auch Chirurgen oder Ärztinnen einem finanziellen Druck ausgesetzt. Viele Spitäler schreiben rote Zahlen. Da ist die Versuchung vielleicht gross, im Zweifelsfall doch das Lukrativere zu machen.

Wir müssen die finanziellen Anreize so setzen, dass das Wohl des Patienten im Vordergrund steht.

Wichtig ist, dass wir diese Versuchungen reduzieren und durch die finanziellen Anreize so setzen, dass wirklich das Wohl des Patienten im Vordergrund steht.

Sie sagen, die Finanzierung wäre entlang dieses Patientenpfades ausgerichtet. Entschädigt würden auch jene, die Leistungen eben nicht ausführen, gerade weil sie sie nicht ausführen. Wer würde das dann koordinieren und wie?

Es braucht neue Versicherungsmodelle, sogenannte alternative Versicherungsmodelle. Nicht für den einzelnen Patienten, sondern für das ganze Patientengut in einer Arztgruppe oder einem Spital.

Es braucht neue, sogenannte alternative Versicherungsmodelle.

So liesse sich beobachten, ob die Qualität gut ist. Qualitätsmessung ist zentral. Wir wollen nicht sparen, sondern die Qualität verbessern und die Kosten senken. Passen Qualität und Kosten, sollen einerseits die Leistungserbringer durch zusätzliches Geld, aber auch die Patienten von tieferen Krankenkassenprämien profitieren.

Es gab oder gibt bereits Bestrebungen für verschiedene Arztmodelle oder Ideen bei der Spitalfinanzierung.

Es braucht zusätzliche Möglichkeiten – kein Muss, aber die Option: zum Beispiel Spitaltarife in Abhängigkeit der Qualität zu definieren. Heute ist das nicht möglich. Oder dass die Leistung mit Übernachtung in einem Spital oder in einer Praxis gleich finanziert wird. Nur so liessen sich tatsächlich unnötige Spitalaufenthalte vermeiden, wodurch wiederum Kosten gespart würden.

Was ist denn das Ziel Ihrer Studie?

Die Politik scheint besonders in einem Wahljahr wie 2023 bestrebt, Hyperaktivität zu zeigen. 500 parlamentarische Vorstösse zum Thema Gesundheit sollen eingereicht werden. Etwa die Hälfte davon verlangt, dass man Kosten spart. Die andere Hälfte will bessere Löhne, bessere Tarife und mehr Gesundheitsversorgung. Das ist ein Widerspruch, der nicht aufgehen kann. Darauf müssen wir die Politik aufmerksam machen. Wir sollten diesen Mehrwert pro investiertem Franken in die Gesundheitsvorsorge optimieren, und das geht nur, wenn man die Qualität besser messen kann.

Das Gespräch führte Lucia Theiler.

SRF 4 News, 25.05.2023, 07:50 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel