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Studie zu Gesundheitskosten Neues Modell wirkt: Es gibt mehr psychotherapeutische Angebote

Drei Jahre nach der Vereinfachung der Psychotherapieregelung in der Schweiz zeigt eine Studie positive Entwicklungen: Das Angebot hat sich erweitert. Trotz regionaler Unterschiede und steigender Kosten sehen Expertinnen und Experten langfristige Vorteile für die Gesundheitsversorgung.

Vor rund drei Jahren haben Bundesrat und Parlament die Spielregeln in der Psychotherapie vereinfacht. Ähnlich wie bei einer Physiotherapie können Ärztinnen und Ärzte seither eine Psychotherapie anordnen. Die Psychotherapeuten und -therapeutinnen können diese direkt mit den Krankenkassen abrechnen.

Die Hoffnung war, dass es mehr Plätze in der Psychotherapie gäbe und der Zugang erleichtert würde. Aber es gab auch Bedenken – etwa hinsichtlich steigender Gesundheitskosten.

Mehr Therapeuten in Selbstständigkeit

Kürzlich veröffentlichte Zahlen des Gesundheitsobservatoriums Obsan zeigen nun: Das Angebot an Psychotherapien in der Schweiz hat sich tatsächlich erweitert.

Zahlreiche psychologische Psychotherapeutinnen haben sich selbstständig gemacht. Wir glauben, dass das die Versorgung langfristig verbessert.
Autor: Florian Näf Sprecher des Berufsverbands der Psychologinnen und Psychologen

Der Berufsverband der Psychologinnen und Psychologen FSP sieht sich in seiner Einschätzung bestätigt. «Die Hürden für eine Therapie sind gesunken», sagt Florian Näf, Sprecher des Berufsverbands. «Das ist sehr erfreulich.» Das decke sich mit den Erfahrungen des Verbandes. «Zahlreiche psychologische Psychotherapeutinnen haben sich selbstständig gemacht. Wir glauben, dass dies die Versorgung langfristig verbessert.»

Keine Entlastung bei Kindern und Jugendlichen

In der Kinder- und Jugendpsychiatrie sieht Oliver Bilke-Hentsch, Co-Präsident der Fachgesellschaft SGJKPP, Verbesserungen in der Zusammenarbeit und bei gezielteren Zuweisungen nach dem Wechsel. Dennoch will er nicht davon sprechen, dass der Zugang zu Therapieplätzen für Kinder und Jugendliche in der Psychiatrie – sei es ambulant oder stationär in einer Klinik – nun leichter sei: «Das Schwierige ist, dass der Bedarf insgesamt seit 2010 – und nach Corona – deutlich steigt. Das heisst: Wir haben weiter eine steigende Inanspruchnahme und relativ lange Wartezeiten.»

Regionale Unterschiede in der Versorgung

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Trotz des allgemeinen Wachstums zeigt die Studie deutliche regionale Unterschiede in der psychotherapeutischen Versorgung. Die Zentral- und Ostschweiz verfügt nach wie vor über das kleinste Angebot im Verhältnis zur Bevölkerungszahl. Am besten versorgt sind die Regionen um den Genfersee, das Tessin und der Kanton Zürich.

Experten betonen die Wichtigkeit der Zusammenarbeit zwischen ärztlichem und therapeutischem Fachpersonal. Grosse Hoffnungen werden auf die vom Bund geförderte integrierte Versorgung gesetzt, die eine ganzheitliche Behandlung durch das Vernetzen von Fachleuten ermöglichen soll.

Der heutige Prozess im Anordnungsmodell ist administrativ sehr aufwendig.
Autor: Florian Näf Sprecher des Berufsverbands der Psychologinnen und Psychologen

Zudem sehen die Verbände Verbesserungspotenzial. Näf zum Beispiel in der Administration: «Der heutige Prozess im Anordnungsmodell ist administrativ sehr aufwendig. Nach 30 Sitzungen brauchen Sie eine Fallbeurteilung, da sind vier Fachspezialistinnen involviert. Da gibt es Sparpotenzial.»

Kostenentwicklung und Langzeitperspektive

Nach einem anfänglichen Kostensprung in der psychologischen Psychotherapie um über ein Drittel flacht die Kurve nun ab mit einem jährlichen Kostenwachstum von einem Fünftel. Die Kosten in der psychiatrischen Psychotherapie stiegen derweil um weniger als drei Prozent pro Jahr.

Näf betont die Wichtigkeit einer langfristigen Perspektive: «Man muss es als Investition in eine starke Versorgung sehen. Diese führt dazu, dass wir Patientinnen und Patienten frühzeitig behandeln können. Damit sparen wir hohe Folgekosten. Wir sparen Arbeitsausfälle, wir sparen in der IV. Das sind alles Kosten, die man berücksichtigen muss.»

Abschliessend ist zu beachten, dass die Therapiestunden nur zwei Prozent der Gesundheitskosten ausmachen, die über die Grundversicherung laufen. Ein ganzheitlicher Blick auf die Gesundheitsversorgung scheint daher angebracht.

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Echo der Zeit, 24.8.2025, 18 Uhr;brus

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