Die Menschen in der Schweiz sind grundsätzlich zufrieden mit ihrer Lebensqualität – das zeigt der Stadt-Land-Monitor 2025, den die Forschungsstelle Sotomo im Auftrag der Agrargenossenschaft Fenaco erstellt hat. Insgesamt sind 86 Prozent der Befragten mit der Lebensqualität in ihrer Wohngemeinde zufrieden.
Doch hinter dieser positiven Grundstimmung verbergen sich auch Sorgen.
Verschärfung des Stadt-Land-Grabens
Das Forschungsinstitut Sotomo hatte die Stadt- und Landbevölkerung bereits 2021 befragt. Schon damals zeigte sich ein wachsender Stadt-Land-Graben – der sich nun laut den Autorinnen und Autoren «akzentuiert» hat. So sei der Anteil der Personen, die sich dem Land zugehörig fühlen, von 25 auf 33 Prozent gestiegen. Als Städterin oder Städter sehe sich hingegen nur noch knapp ein Fünftel. Dies trotz einer fortschreitenden Urbanisierung.
Der politische und soziale Graben zwischen Stadt und Land ist so tief wie nie in den letzten 45 Jahren.
Das gegenseitige Verständnis zwischen Stadt und Land nimmt ab: In Städten glauben nur noch 28 Prozent (2021: 37 Prozent), dass ihre Anliegen auf dem Land Gehör finden. Auf dem Land ist dieser Anteil von 30 Prozent auf 16 Prozent gesunken. Das Gefühl, nicht gehört zu werden, wächst auf beiden Seiten, besonders aber auf dem Land. Eine Rekordmehrheit von 58 Prozent ist der Ansicht, dass die Stadt das Sagen hat.
«Der Grossstadt-Land-Graben ist so tief wie nie in den letzten 45 Jahren», schreiben die Autorinnen und Autoren. Über ein Drittel der Bevölkerung sehe diesen Gegensatz als ernsthafte Belastungsprobe für die Schweiz.
Ländliches Ideal, städtische Realität
Beim Wohnideal zeigt sich ein klares Bild: Für 40 Prozent bleibt das Land die Wunschoption, während die Grossstadt an Attraktivität verliert. Doch die Realität sieht anders aus – in den urbanen Zentren herrscht hoher Nachfragedruck.
Wenn man die Leute nach ihrem Wohnideal fragt, dann nennen sie ganz klar das Land. Wenn man aber nach den Bedürfnissen fragt, sind es häufig städtische.
Michael Hermann von Sotomo erklärt das Paradox so: «Wenn man die Leute nach ihrem Wohnideal fragt, dann nennen sie ganz klar das Land und nicht die grosse Stadt. Wenn man aber danach fragt, welche Bedürfnisse man hat, sind es häufig städtische Bedürfnisse.»
Das könnte einen überraschenden Befund des Monitors erklären: Die Zufriedenheit mit dem eigenen Wohnort ist nämlich dort am höchsten, wo die Bevölkerung in den letzten zehn Jahren stark gewachsen ist. In schrumpfenden Gemeinden fällt die Einschätzung am negativsten aus.
Michael Hermann von Sotomo erklärt: «Die positive Entwicklung des Angebots wird als selbstverständlich wahrgenommen und nicht mit dem Bevölkerungswachstum in Verbindung gebracht.» Wer hingegen in einer schrumpfenden Gemeinde lebe, merke, dass der Bevölkerungsrückgang sich negativ auswirke.
Skepsis gegenüber Bevölkerungswachstum
Das Bevölkerungswachstum wird auf nationaler Ebene von einer grossen Mehrheit negativ bewertet. Als grösste Herausforderungen gelten die Wohnungsknappheit (55 Prozent) und die Verkehrsüberlastung (49 Prozent).
Nur 23 Prozent sehen positive Auswirkungen auf die Schweiz als Ganzes – auf die eigene Wohngemeinde gemünzt liegt dieser Wert hingegen bei 39 Prozent.
Die als optimal empfundene Bevölkerungszahl liegt im Schnitt bei 8.3 Millionen Menschen, deutlich unter der heutigen Realität. Gleichzeitig erwarten die Befragten, dass die Schweiz bis 2050 auf 10.8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner anwachsen wird.