«Falls wir von Ihnen bis zum 30. Juni keine Rückmeldung erhalten, werden wir Ihr bestehendes Produkt per 1. Juli auf Swiss List Standard umstellen.» Dieser Satz in einem Brief hat einen «Espresso»-Hörer fuchsteufelswild gemacht: «Ich finde es eine Frechheit, dass eine Firma wie Localsearch zu einer solchen Geschäftspraxis greift.»
Rückblende: Ende Mai erhielt der Hörer – wie viele andere – einen Brief von Localsearch. Seinen bisherigen Eintrag im elektronischen Telefonverzeichnis gebe es nur noch bis Ende Jahr. Danach werde der Eintrag auf Swiss List übertragen. Swiss List ermögliche eine viel bessere Präsenz bei Suchmaschinen wie Google und Bing und der Eintrag werde auch von Navigationssystem gefunden, heisst es im Brief, der wie ein Werbeschreiben aussieht.
Erst auf der vierten von sechs Seiten wird klar, dass der neue Vertrag den Kunden fast viermal so viel kostet wie der bisherige: Statt 113 Franken pro Jahr sind es neu 420. Der Finanzberater traut seinen Augen nicht: «Ich bezahle doch nicht viermal so viel für einen Eintrag, den ich nicht einmal benötige. Meine Kunden wissen, wo meine Büros sind.»
Günstige Variante kann nicht abgeschlossen werden
Ebenfalls geärgert hat sich ein weiterer Hörer aus dem Kanton Bern. Er betreibt ein Ein-Mann-Planungsbüro und hat eine gesalzene Rechnung von Localsearch erhalten: Statt 158 Franken hätte der neue Eintrag mit 527 Franken zu Buche geschlagen. Was ihm besonders sauer aufstösst: Es gäbe eigentlich eine günstigere Variante (Swiss List Starter), die nur rund 60 Franken pro Jahr kosten würde: «Doch diese Variante wurde mir gar nicht erst angeboten. Ich kann sie online im Kundencenter auch nicht abschliessen. Ich finde dieses Vorgehen unseriös.» Auch für ihn sind die neuen Funktionen der Swiss List nutzlos, da er bereits bei Google registriert ist.
«Eine Vertragsänderung ohne Einwilligung des Kunden ist sehr kundenunfreundlich und rechtlich fragwürdig», so die Einschätzung der «Espresso»-Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner.
Vom Telefonbuch in die digitale Welt
Harry Meier, Mediensprecher von Localsearch, rechtfertigt die stillschweigende Umstellung des Vertrags damit, dass Localsearch verhindern wolle, dass die Kunden ohne Verzeichnis-Eintrag dastehen würden. «Die bisherigen Einträge stammen noch aus der Zeit des gedruckten Telefonbuchs. Mit Swiss List wollen wir unsere Kunden mit der digitalen Welt verbinden», sagt Meier. Wenn man Swiss List nicht wolle, müsse man nicht zwingend etwas unternehmen, verspricht Meier: «Die Kunden können auch einfach die Rechnung nicht bezahlen, dann läuft das Produkt per Ende Jahr aus.»
Und warum erhalten die Kunden nicht das günstige Starter-Produkt für 60 Franken pro Jahr angeboten, sondern die mit rund 400 Franken viel teurere Variante? Laut dem Unternehmens-Sprecher habe man sich an den Kundenbedürfnissen orientiert. Kunden mit Basis-Eintrag hätten das günstige Swiss List Starter angeboten bekommen. Das seien etwa 85 Prozent der Kunden gewesen. Nur 15 Prozent sei die teure Standard-Variante angeboten worden.
Wer die günstigere Variante wünsche, könne dies aus technischen Gründen nicht im Online-Kundecenter machen, sondern müsse zum Telefonhörer greifen oder einen Brief schreiben, erklärt Meier weiter.