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Tests von Starkstromanlagen Sie testen Anlagen, damit trotz Blitz der Strom nicht ausfällt

Ein kleiner Verein prüft Hochspannungsanlagen. Doch kaum jemand kennt ihn.

Es ist wie in einer anderen Welt. Auf einer eingezäunten Wiese hinter einem kleinen Waldstück stehen meterhohe graue «Pilze». Auf einem Wagen steht eine riesige Spule. Daneben ein grosses Silo. «Alte Science-Fiction-Filme wurden häufig in Hochspannungslaboren gedreht, weil es spacig aussieht», bestätigt Michael Walter den ausserirdischen Eindruck des Areals in Däniken (SO).

Grosse Transformatoren
Legende: Blick auf das Gelände des Hochspannungslabors in Däniken (SO). Hier werden Experimente durchgeführt und es gibt ein grosses Materiallager. ZVG/FKH

Michael Walter ist Geschäftsleiter der Fachkommission für Hochspannungsfragen (FKH). Den meisten dürfte diese kleine Institution mit dem etwas sperrigen Namen unbekannt sein. Dabei ist sie in der Schweiz einzigartig und für die Strombranche essenziell.

Tests von Hochspannungsanlagen

Die Spezialistinnen und Spezialisten der FKH prüfen im Auftrag von Firmen oder Elektrizitätswerken alles, was mit Hochspannung zu tun hat. «Transformatoren, Schaltanlagen, Kabel, Generatoren oder auch Hochspannungsleitungen, bei denen wir prüfen, ob die Erdung richtig gemacht wurde und die Berührungssicherheit gegeben ist,» zählt Michael Walter einige Aufgabengebiete auf.

Am Anfang waren die Blitze

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Blitze schlagen in Turm ein
Legende: Blitzeinschlag auf dem Monte San Salvatore bei Lugano. ZVG/FKH

1937 gründeten 45 Unternehmen aus der Strombranche die «Forschungskommission der SEV und VSE für Hochspannungsfragen». Ziel der Kommission war zunächst die Untersuchung von Blitzen und die Auswirkungen von Blitzeinschlägen.

Dazu wurde 1943 auf dem Monte San Salvatore bei Lugano ein Messturm errichtet, in den Blitze einschlugen, die danach erforscht werden konnten. Der Turm stand bis 1971.

Neben der Blitzforschung begannen die Experten der Kommission mit Prüfungen von Leitungen, Transformatoren und Schaltanlagen.

Weiter schauen die Spezialisten auch, ob ein Areal bei Gewittern sicher ist. So überprüften sie das Blitzschutz- und Erdungskonzept des Eidgenössischen Schwingfests in Pratteln 2022.

Die Arbeit der 22 Angestellten der Fachkommission ist für Laien nur schwer verständlich. Im Kern prüfen sie, ob Hochspannungsanlagen sicher und auf Jahrzehnte hinaus fehlerfrei funktionieren, auch wenn einmal der Blitz einschlagen sollte.

Verschiedene Anlagen
Legende: Bei Prüfungen, wie hier einer Schaltanlage, sind verschiedenste Anlagen nötig, die provisorisch aufgebaut werden. ZVG/FKH

Die meiste Arbeit fällt dabei vor Ort an, bevor neue Transformatoren oder Hochspannungsleitungen in Betrieb gehen. Prüfungen sind zwar nicht vorgeschrieben, doch weil die Anlagen 40 Jahre in Betrieb sein sollen, werden sie freiwillig durchgeführt. Dabei kommt der Fachkommission eine einzigartige Rolle zu.

Simulation von Blitzeinschlägen

Die verschiedenen Tests verlangen eine spezielle Ausrüstung, die jeweils zu den Prüfstandorten gefahren wird. Für Elektrizitätsversorger lohnt sich eine Anschaffung oft nicht, sodass die Fachkommission für Hochspannungsfragen viele Geräte als einzige in der Schweiz besitzt. Zum Beispiel hat sie als einzige eine Anlage, die vor Ort Blitzeinschläge simulieren kann.

Lagerhalle
Legende: Das Materiallager der Fachkommission für Hochspannungsfragen in Däniken (SO). Hier lagern Geräte und Komponenten, die es zum Teil in der Schweiz nur einmal gibt. SRF/Andreas Brandt

Die Fachkommission ist als Verein organisiert. Dies sei wichtig, weil die Angestellten dadurch unabhängig arbeiten könnten, betont Geschäftsleiter Michael Walter. Denn finden die Expertinnen einen Fehler, können Prüfungen auch mal zwei Wochen lang dauern. Eine kostspielige Angelegenheit für Kabelhersteller oder Elektrizitätsversorger.

Die ganze Branche ist Mitglied

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Rechtlich ist die Fachkommission für Hochspannungsfragen als unabhängiger, nicht gewinnorientierter Verein organisiert. Mitglieder und damit regelmässige Kunden sind verschiedene Player der Strombranche.

Dazu gehören der Verband Schweizer Elektrizitätsunternehmen (VSE), grössere Stromkonzerne wie Axpo und BKW, aber auch kleinere wie Energie-Service Biel/Bienne oder die St. Galler Stadtwerke.

Weiter gehören Firmen wie Brugg Kabel, Hitachi oder Siemens, die Netzgesellschaft Swissgrid und die SBB zu den Mitgliedern.

«Dann müssen wir sehr genau messen und das können wir nur, wenn wir nicht unter Zeitdruck sind. Da hilft die Unabhängigkeit, da wir nicht andere Interessen haben», erklärt Walter. Das gilt auch, wenn der Fehler einmal gefunden ist. Denn die Experten sehen meist, wo der Fehler lag und wer dafür verantwortlich ist.

Schaltanlage von aussen mit Prüfmaterial
Legende: Die Schweizer Experten führen ab und an auch spezielle Prüfungen im Ausland durch, hier etwa in Island. ZVG/FKH

Die Suche nach dem Ursprung eines Fehlers sei anspruchsvoll, sagt Michael Walter. «Das kann ein kleines Luftbläschen im Isolator sein, oder ein Millimeter grosses Metallpartikel, das vom Herstellungsprozess darin verblieben oder durch unsorgfältiges Arbeiten vor Ort hineingeraten ist.»

Aber auch solch kleine Störfaktoren können dazu führen, dass es bei einem Blitzeinschlag zu Schäden an der Anlage und damit zu einem Stromausfall kommt. Etwas, das durch die Prüfung der Fachkommission für Hochspannungsfragen möglichst ausgeschlossen werden soll.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 8.1.24, 17:30 Uhr ; 

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