Der Kanton Basel-Stadt veröffentlicht alle fünf Jahre einen Jugendgesundheitsbericht. Dazu werden über tausend Schülerinnen befragt, so auch dieses Jahr. Über 90 Prozent der Schüler gaben in diesem Bericht an, «gut» oder «sehr gut» Bescheid zu wissen über Fragen der sexuellen Aufklärung.
Anders sieht es dann beim objektiven Wissen über sexuelle Krankheiten aus. Beinahe die Hälfte der Befragten wusste nicht, dass es keine Impfung gegen HIV gibt. Dies trotz des Internets, Aufklärung auf TikTok und Pornhub. In früheren Befragungen wusste das jeweils eine klare Mehrheit der befragten Jugendlichen.
Doch wissen Jugendliche wirklich so schlecht Bescheid über Sexualität? Manche schon, bestätigt Ledwina Siegrist. «Das gibt zu denken.» Sie ist Dozentin am Institut für Sozialpädagogik an der Hochschule Luzern und befasst sich mit Sexualpädagogik, also der Wissensvermittlung bei diesen Themen. Gleichzeitig fügt sie an, es gebe nicht die grosse Übersichtsstudie, welche die Unwissenheit der Jugendlichen über die Sexualität beweise.
Beratungsseite für Mädchen, Sexfilme für Jungs
Laut Siegrist gebe es aber immer wieder qualitative Studien, die versuchten, das Wissen der Jugendlichen in puncto Sexualität aufzuzeigen. So auch in diesem Jahr. Dort war die Frage: Wie werden Jugendliche überhaupt aufgeklärt? Das Ergebnis zeigte: In der Schweiz erhalten Jugendliche die Informationen am häufigsten von den Eltern, dem gleichaltrigen Umfeld und aus dem Internet. Es sei aber klar, im Internet gebe es viele Falschinformationen und Quellen, die nicht verifiziert sind.
Eine weitere Studie habe aufgezeigt, dass Influencerinnen für 14- bis 25-Jährige vergleichsweise eine untergeordnete Rolle spielten, so Siegrist. Zudem gebe es einen Unterschied bei den Geschlechtern. Mädchen besuchten eher Aufklärungs- und Beratungsseiten. Jungs wiederum hätten einen ganz anderen Zugang: «Da spielt viel mehr das Digitale eine Rolle, also Sexfilme.»
Begeisterung für das Thema wecken
Für Siegrist ist aber klar: Durch die gestiegene Menge an Angeboten und Informationen könnten sich die Jugendlichen auch verlieren. «Deshalb ist es wichtig, dass erwachsene Personen oder Fachpersonen diese Informationen mit den Jugendlichen anschauen und einordnen.» Gerade beim Thema Pornografie sei eine Einordnung und Kontextualisierung entscheidend, damit sie nicht im luftleeren Raum hängen bleibe. Zudem sei es für die Jugendlichen wichtig zu merken, dass es vielfältige Rollen, Wünsche und Gedanken beim Riesenthema Sexualität gebe. Eine ganzheitliche Sexualaufklärung sei angebracht und gehe weit über das Thema Verhütung hinaus.
Auch richtige Aufklärung in der Schule ist laut Siegrist wichtig. Ein Aufhänger könne dabei helfen, die Jugendlichen abzuholen. Die Lehrpersonen müssten dazu herausfinden, was die Schüler beschäftige. Kämen Lehrpersonen beim Unterricht an ihre Grenzen oder fühlten sich unwohl, sei es aber auch wichtig, dass Experten von aussen kämen. Diese fühlten sich wohl und kennten auch Methoden, wie man das Interesse der Jugendliche für Themen wie sexuell übertragbare Krankheiten wecken kann.