In Richigen bei Bern legt sich Landwirt Andreas Bürki bäuchlings auf sein Zuckerrübenfeld und zeigt auf einen der noch winzigen Keimlinge. An diesem sei eine Frassspur zu erkennen, ein Schädlingsbefall, erklärt er.
Von sich aus ein Mittel gegen die Schädlinge spritzen dürfe er nicht. Dazu müsse er erst bei der kantonalen Pflanzenschutzstelle anfragen, die dann jemanden vorbeischicke, der beurteile, ob hier ein Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden darf. «Dabei bin ich doch ausgebildeter Meisterlandwirt», so Bürki.
In der Landwirtschaft ist das Vertrauen in die Ämter gebrochen.
Was Andreas Bürki damit sagen will: Viele Bäuerinnen und Bauern haben genug von der Bürokratie. «In der Landwirtschaft ist das Vertrauen in die Ämter gebrochen», sagt Andreas Bürki. Das löse auch diese Skepsis gegenüber dem Digitalisierungsprojekt Digiflux aus; die Angst, dass dann immer mehr und mehr dokumentiert werden müsse. So sei Digiflux zu einem Reizwort geworden, es stehe für «noch mehr».
Das Parlament hat 2021 beschlossen, dass eine Mitteilungspflicht über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln eingeführt werden soll. Es war quasi die Antwort auf die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative, die vom Stimmvolk abgelehnt wurden. Eingeführt werden soll die Plattform Digiflux schrittweise ab 2026.
Wenn Händler künftig alle Lieferungen von Kraftfutter dokumentieren müssen, befürchtet Andreas Bürki Mehrkosten, die letztlich die Konsumentinnen und Konsumenten tragen. Doch es gehe auch noch um etwas anderes, sagt er, als er auf dem Computer im kleinen Büro direkt beim Stall durch die Angaben seines Betriebs klickt: Das seien sensible Daten, oft ganz persönliche Betriebsrezepte.
Mehrere Vorstösse im Parlament eingereicht
«Die sind auf meinem Betrieb lokal gespeichert, jedes Amt kann sie hier vor Ort einsehen, wenn irgendetwas ist.» Bei Digiflux hingegen hätten die Behörden jederzeit Zugriff. Betriebsleiter hätten Angst, die Kontrolle zu verlieren – schliesslich könne ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin auch mal etwas falsch eintragen.
Im Parlament sind gegen Digiflux bereits mehrere Vorstösse eingereicht worden. Die Einführung der Plattform wurde inzwischen um ein Jahr verschoben.
Entwickelt hat Digiflux das Bundesamt für Landwirtschaft. Vizedirektor Bernard Belk versteht die Bedenken vonseiten Bäuerinnen und Bauern grundsätzlich, er betont jedoch, dass der Datenschutz gewährleistet sei: «Die Daten bleiben natürlich in diesem System und die Eigentümer sind die Landwirtinnen und Landwirte, respektive Gärtnereien und andere Mitteilungspflichtige.»
Der Bund setzt auf Dialog
Die Zuständigen vonseiten Bund hätten Einsicht in die Daten, doch sobald sie an Dritte weitergegeben werden, brauche es das Einverständnis der Landwirtinnen und Landwirte. Anonymisiert können die Daten der Forschung zur Verfügung gestellt werden.
Digiflux soll kein Mehraufwand sein. Im Rahmen der Direktzahlungen müssen Landwirtinnen und Landwirte die Daten heute schon erheben.
Bernard Belk ist es zudem wichtig zu betonen: «Digiflux soll kein Mehraufwand sein. Im Rahmen der Direktzahlungen müssen die Landwirtinnen und Landwirte die Daten schon heute erheben und in einem Feldkalender aufzeichnen.» Das Bundesamt für Landwirtschaft sei in ständigem Dialog mit den Landwirtinnen und Landwirten. Bernard Belk ist zuversichtlich, dass man sich findet und das Vertrauen der Landwirtschaft zurückgewinnen kann.