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Trockenheit und Desinteresse Schmelzende Butterberge – steigende Importe

Jahrelang wurde in der Schweiz mehr Butter produziert als verzehrt – von einem Butterberg war stets die Rede. Doch dieser ist mittlerweile dahingeschmolzen. Letzte Woche hat der Bund zum vierten Mal dieses Jahr die Einfuhrmenge erhöht.

Es werde viel weniger Milch produziert als noch Anfang Jahr angenommen, sagt Stefan Kohler, Geschäftsführer der Branchenorganisation Milch. Zuerst hätten die Bauern weniger Kraftfutter verfüttert, weil dies – unter anderem wegen des Krieges in der Ukraine – so teuer gewesen sei. Das habe zu weniger Milch geführt. Und nun komme die Trockenheit dazu; das Gras ist nicht mehr gewachsen. «Das heisst, die Milchbauern haben damit begonnen, die eigenen Vorräte, die sie in den ersten Monaten des Frühlings angelegt haben, bereits zu verfüttern.»

Und wegen des drohenden Futtermangels hätten die Bauern auch angefangen, mehr Kühe zu schlachten. So hat es weniger Milchkühe, ergo weniger Milch. Dieses Jahr hat der Bund bereits 5100 Tonnen Butter zum Import freigegeben. Durchschnittlich werden pro Jahr 40'000 Tonnen Butter verbraucht.

Schon 2020 erste Importe

Es ist aber nicht das erste Jahr, in dem Butter importiert werden muss. 2020 wurde das erste Mal Butter aus der EU eingeführt. Kein Problem, findet Stefan Kohler von der Branchenorganisation Milch. «Grundsätzlich ist ein bisschen zu wenig Butter zu haben, ein Zeichen für einen gesunden Milchmarkt», sagt er. Aus Schweizer Milch wird in erster Linie nämlich Käse gemacht – das lohnt sich mehr. Erst danach folgt die Butter. Das heisst, wer Geld verdienen will, macht eben Käse oder Joghurt.

Die Schweiz sollte sich besser auf die Herstellung von Qualitätsprodukten konzentrieren.

Noch vor 20 Jahren war in der Schweiz von Milchseen und Butterbergen die Rede. Wegen des garantierten Milchpreises und der Milchkontingente gab es mehr Milch als konsumiert wurde. Diese überschüssige Milch wurde dann eben zu Butter gemacht und so exportiert.

Mann an einem Butterfass in einer Alphütte. Er trägt eine Kutte.
Legende: Butter ist längst ein Massenprodukt und keine Handarbeit mehr. Auf der Altenalp bei Schwende macht der 64-jaehrige Bruno Neff noch Butter im Butterfass. (25. Juli 2022) Keystone/Gian Ehrenzeller

«Durchaus sinnvoll»

Seit 2009 hat sich die Lage gedreht: In den letzten Jahren musste sogar Butter importiert werden. Das sei durchaus sinnvoll, rechnet Mario Bonato von der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse vor: Schlechte Butter herstellen, das könnten andere Länder besser, sagt er überspitzt. «Die Schweiz sollte sich besser auf die Herstellung von Qualitätsprodukten konzentrieren.»

Importe von ausländischen Käse waren aber nie ein so emotionales Thema, wie es jetzt bei der Butter ab und zu aufkommt.

Dass Butter importiert werde, führe immer zu viel mehr Gesprächsstoff als beispielsweise bei Käse, erzählt Stefan Kohler von der Branchenorganisation Milch – Butter habe für die Schweizer und Schweizerinnen einen hohen emotionalen Wert. Die Schweiz importiere zehnmal mehr Käse als Butter, aber: «Importe von ausländischem Käse waren aber nie ein so emotionales Thema, wie es jetzt bei der Butter ab und zu aufkommt.»

Immer klar deklariert

Konsumenten und Konsumentinnen müssten nun aber keine Angst haben, dass sie aus Versehen zu ausländischer Butter greifen, so Kohler. Obwohl die importierte Butter in den Detailhandel gehe. «Die importierte Butter werde vor allem in den Eigenmarken der Detailhändler eingesetzt.» Und es werde auf den Packungen gut deklariert, dass diese aus der EU stamme.

Für den Rest des Jahres sei es schwierig, eine Prognose zu machen, so Stefan Kohler. Einerseits gehe die Milchmenge noch stärker zurück als erwartet, auf der anderen Seite werde aber weniger Käse exportiert, sodass wieder mehr Milch für Butter zur Verfügung steht.

Echo der Zeit vom 14.08.2022

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