Bereits ein «normaler WK» ist für viele Soldaten eine Herausforderung, ein Jonglieren zwischen Dienst, Arbeitsplatz und Familie. Die Übung nächsten Frühling im niederösterreichischen Allentsteig verlangt Schweizer Milizsoldaten noch mehr ab: Vier statt drei Wochen wären sie weg – und das ohne Heimaturlaub übers Wochenende.
Für Milizsoldaten ist die Übung wie alle Auslandeinsätze freiwillig. 700 bis 850 Freiwillige aus der Mechanisierten Brigade 11 muss die Armee finden – das ist eine Kampfformation mit Leopard-2-Panzern und einem Bestand von rund 6000 Mann.
Zu wenig Rückmeldungen
Seit Frühling läuft die Suche. Wie viele Freiwillige sich gemeldet haben, hält die Armee geheim. Nur so viel: Es sind zu wenige. «Die erste Befragungsrunde hat eine unzureichende Zahl von Freiwilligen erbracht, weshalb jetzt nachgehakt und die Umfrage ausgedehnt wird», schreibt die Armee.
Dem Vernehmen nach ist die Armee noch sehr weit weg vom Ziel. Auch der Präsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft hat von den Problemen gehört. Er sei nicht ganz überrascht, dass es mit der Rekrutierung von Freiwilligen harze, stellt Dominik Knill auf Anfrage von SRF fest.
Dazu der Widerstand vom Arbeitgeber in Zeiten, wo die Konjunktur anzieht und Fachkräftemangel herrscht.
Für junge Leute könne einiges gegen den Österreich-Einsatz sprechen: Sie wären lange weg von Familie und Freunden, ohne Heimurlaub. Der Sold sei tief und die Erwerbsersatzentschädigung gerade für Selbstständige bescheiden: Dazu der Widerstand vom Arbeitgeber in Zeiten, wo die Konjunktur anziehe und Fachkräftemangel herrsche.
Wie versüssen?
Was tut die Armee, um die Freiwilligen doch noch zusammenzukriegen? Mehr Sold oder die anderthalbfache oder noch bessere Anrechnung von Diensttagen in Österreich lägen gesetzlich nicht drin, so die Armee. Sie werde nun einen weiteren Kreis von möglichen Freiwilligen anschreiben.
Aufgeben will die Armee das Projekt nicht. Zeit für die Suche bleibe bis Ende Jahr: «Die Armee ist zur Durchführung dieses Truppenversuches entschlossen. Wir gehen davon aus, genügend Freiwillige zu finden.»
Obligatorium auch im Bundesrat wieder im Gespräch
Übungen auf grösseren Waffenplätzen seien wichtig, sagt Milizoffizier Knill. Er schlägt deshalb ein Umdenken vor: Übungen im Ausland müssten obligatorisch erklärt werden können: «Man muss mittelfristig das Militärgesetz ändern, damit die Armee Angehörige begrenzt für Auslandeinsätze aufbieten kann.»
Doch obligatorische WK im Ausland sind ein jahrealter Streitpunkt. Vor 15 Jahren stürzte die Idee im Nationalrat ab. Damals spannten armeekritische Linke mit der SVP zusammen, die Auslandeinsätze generell skeptisch betrachten. Heute will aber nicht nur der Offizierspräsident einen neuen Anlauf. Auch der Bundesrat überlegt sich, dem Parlament erneut ein Obligatorium vorzuschlagen. Das bestätigt die Armee auf Anfrage.
Kaum Chancen in der Politik
Allerdings zeigt eine kurze Umfrage unter Sicherheitspolitikern, dass im Parlament die kritische Stimmung von früher noch nicht verflogen ist: Obligatorische Auslands-WK wären zurzeit wohl chancenlos. Für einen Umschwung bräuchte es noch viel Überzeugungsarbeit.
Vorderhand aber ist die Überzeugungskraft der Armee bei den eigenen Leuten gefragt. Um doch noch genügend Freiwillige von der Grossübung mit Panzern zu überzeugen: Sieben Autostunden von der Schweizer Grenze entfernt in Österreich.