Eine Werkstatt in Seedorf im Kanton Uri. Wohin das Auge reicht, sieht man Trycheln. Grosse für Menschen, für Trychelgruppen – kleine für Tiere, für Kälber oder Rinder. Die Werkstatt gehört Michael Zurfluh. Er stellt im Jahr rund hundert Trycheln her.
Zurfluh gehört zu den bekannten Trychelschmieden. Die bauchförmigen Trycheln werden nicht gegossen, wie beispielsweise Glocken, sondern eben geschmiedet. Dafür wird Stahlblech in die richtige Form gepresst. «Das richtige Stahlblech zu finden, ist das Schwierigste. Man muss ausprobieren und testen», sagt Michael Zurfluh. Überhaupt sei Trychelschmied kein Beruf, den man in einer Ausbildung erlernen könne. Er selber hat das Handwerk von seinem Vater gelernt – und dieses dann wiederum seinem Sohn weitergegeben. «Es dauert Jahre, bis man eine gute Trychel hinkriegt», sagt Michael Zurfluh.
Entscheidend für eine gute Trychel ist der richtige Ton. Dafür wird der Rohling auf einen Amboss gespannt und mit einem Hammer geklopft, und zwar so lange, bis er durch seine Form den gewünschten Ton erzeugt.
Jede hat seinen eigenen Charakter. Manche tönen hell, kurz und klar, andere tief und nachhallend. Michael Zurfluh behauptet von sich, dass er unter vielen verschiedenen Trycheln seine immer heraushören kann.
Für die Zurfluh-Trycheln gibt es sogar ein eigenes Stück – den «Zurfluh Takt». «Ich habe jeweils eine Vorstellung, wie die Trychel tönen soll. Ich beginne sie zu formen, bis der Ton so ist, wie ich ihn haben will». Je nachdem wie man die Trychel bearbeite, werde der Ton eben tiefer oder höher. Eine Trychel so zu stimmen, wie man es gerne hätte, sei die grosse Kunst, sagt Michael Zurfluh.
Trychel an Demos: «Heikles Thema»
Michael Zurfluh stellt Trycheln für Alpabfahrten, für den Gabetempel bei Schwingfesten oder für Samichlausumzüge her. Seine Kunden sind Bauernfamilien, Vereine oder Privatpersonen, welche eine Trychel beispielsweise für ein Hochzeitsgeschenk kaufen. Die grossen Trycheln kosten über 1000 Franken.
Man sollte dieses Brauchtum nicht missbrauchen.
Neuerdings gehen bei ihm aber auch Trycheln für Demonstrationen gegen die Coronamassnahmen über den Ladentisch. Das urchige Läuten der Trycheln ist inzwischen das Markenzeichen – der Soundtrack – der Corona-Skeptiker.
Dass die Trycheln nur für die Demonstration gekauft werden, damit hat Michael Zurfluh Mühe. Es sei ein heikles Thema, sagt er und fügt hinzu: «Man sollte dieses Brauchtum nicht missbrauchen.»
Ein Brauchtum, welchem Michael Zurfluh als Trychelschmied mit viel Leidenschaft und dem richtigen Gehör für den guten Ton nachgeht.