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UBS-Notfusion Bundesgericht weist Klage von CS-Aktionär ab

Seit über zwei Jahren beschäftigt die CS-Übernahme durch die UBS auch die Gerichte – in der Schweiz und im Ausland. Heute hat das Bundesgericht die Klage eines CS-Aktionärs abgewiesen. Eine Übersicht.

Klage von CS-Aktionär I: Das Bundesgericht hat heute die Klage eines CS-Aktionärs abgewiesen (siehe Box). Geklagt hatte ein Mann, der rund 150'000 Franken in Aktien der Credit Suisse investiert hatte. Nach der vom Bundesrat angeordneten Notfusion mit der UBS erhielt er UBS-Aktien, die jedoch nur einen Bruchteil seiner Investition wert waren. Der Aktionär stellte deshalb ein Staatshaftungsbegehren an den Bundesrat mit der Begründung, er sei durch die Notübernahme enteignet worden. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor und wird erst in einigen Monaten erwartet.

Frau geht an einem Gebäude vorbei, sie hat ein Handy am Ohr. Im Hintergrund ein anderes Gebäude und ein blaues Tram.
Legende: Zürcher Paradeplatz, aufgenommen am 11. August 2023. Im März 2023 hatte die UBS die CS Übernommen. Archiv/Keystone/Ennio Leanza

Es handelt sich bereits um die zweite Staatshaftungsklage im Zusammenhang mit der Übernahme der CS durch die UBS, die vom Bundesgericht abgewiesen wurde. In einem früheren Fall hatte das Gericht argumentiert, der Kursverlust der CS-Aktien sei bereits vor der Notfusion eingetreten: Die Aktien hätten also nicht durch die Notverordnung des Bundesrats an Wert verloren.

Kurzeinschätzung von Gerichtsreporterin Sibilla Bondolfi

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Die Abweisung der Klage kommt wenig überraschend: Bereits im Mai hat das Bundesgericht eine ähnliche Klage abgewiesen und den Argumenten der Aktionäre auf ganzer Linie eine Absage erteilt. Staatshaftungsklagen haben generell schlechte Erfolgsaussichten – und im Fall der CS-Übernahme sind die Hürden besonders hoch: Aktionäre müssten nachweisen, dass die Notübernahme widerrechtlich war und ihnen einen Schaden verursacht hat. Kursverluste gelten dabei nicht automatisch als Schaden, da sie zum Wesen von Aktien gehören. Das Bundesgericht hielt im Mai fest: Der verbleibende Wert der CS-Aktien wurde nicht vom Bundesrat bestimmt, sondern vom Markt.

Klage von CS-Aktionären II: Vor dem Zürcher Handelsgericht klagen über 5000 ehemalige CS-Aktionäre gegen die UBS. Sie werfen der Bank vor, die Credit Suisse zu billig übernommen zu haben. Der Schweizerische Anlegerschutzverein vertritt mehr als 2000 dieser Aktionäre. Weitere 3000 Aktionäre lassen sich von einem spezialisierten Unternehmen aus der Romandie vertreten. Am 19. März 2023, dem Tag der Übernahme, zahlte die UBS drei Milliarden Franken für die schwer angeschlagene Credit Suisse. Das entspricht 76 Rappen pro Aktie. Arik Röschke vom Anlegerschutz argumentiert: «Je nach Bewertungsmethode liegt der Wert aus unserer Sicht zwischen 2.30 und 9.17 Franken pro Aktie. Innerhalb dieser Spanne hätte der Preis zum Übernahmezeitpunkt liegen müssen.» Das Verfahren läuft noch.

Was sind AT1-Anleihen

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AT1-Anleihen (Additional Tier 1 Capital) dienen Banken als Sicherheitsnetz. Sie bilden einen Puffer zwischen gewöhnlichen Gläubigern und Aktionären. Solange die Bank stabil ist, ähneln sie normalen Anleihen: Anleger erhalten regelmässig – oft hohe – Zinsen, und ihr Kapital bleibt angelegt. Gerät die Bank jedoch in ernste Schwierigkeiten, können diese Anleihen schlagartig wertlos werden. Genau das ist ihr Zweck: Verluste abfedern, bevor der Staat eingreifen oder die Bank gerettet werden muss.

Klagen von AT1-Gläubigern I: Vergangene Woche hat ein US-Bezirksgericht in New York eine Klage von AT1-Gläubigern im Umfang von 370 Millionen Dollar abgewiesen. In dem Verfahren in den USA bezichtigten Anwälte die Schweizer Behörden, dass sie sich bei der CS-Rettungsaktion wie eine Investmentbank verhalten und ihre Aufsichtspflichten vernachlässigt hätten. Man habe keine anderen Käufer als die UBS berücksichtigt und auch keine Abwicklung der CS in Betracht gezogen. Kurz: Die Schweiz habe die AT1-Eigentümer zu wenig geschützt (siehe Box). Das Gericht in New York hat entschieden, dass die Eidgenossenschaft aufgrund der Staatenimmunität in dieser Angelegenheit nicht seiner Gerichtsbarkeit unterliegt. Gemäss Informationen von Radio SRF wird die federführende Kanzlei Quinn Emanuel gegen den Entscheid Berufung einlegen.

Hintergrund des AT1-Streits

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Gebäude von Credit Suisse und UBS-Schild.
Legende: KEYSTONE/Martial Trezzini

Im März 2023 geriet die Credit Suisse in Schieflage. Daraufhin ordnete die Finanzmarktaufsicht Finma an, AT1-Anleihen im Wert von rund 16 Milliarden Franken vollständig abzuschreiben. Die Investoren dieser Anleihen verloren ihr gesamtes Geld, obwohl sie sich sicherer wähnten als die Aktionäre. Viele internationale Investoren fühlen sich betrogen und klagen gegen die Schweiz, die Finma oder die UBS. Sie werfen diesen vor, die Abschreibung sei unrechtmässig, da die Bedingungen der AT1-Verträge nicht erfüllt oder falsch interpretiert worden seien. Die Schweizer Behörden halten dagegen: Das Vorgehen sei gesetzlich legitimiert und unerlässlich gewesen, um das Finanzsystem zu stabilisieren.

Klagen von AT1-Gläubigern II: Neben dem Fall in den USA klagen diverse AT1-Gläubiger auch in der Schweiz. Die Klagen richten sich nicht gegen die UBS, sondern gegen die Finanzmarktaufsicht Finma und indirekt gegen den Schweizer Staat. Insgesamt gibt es rund 320 Beschwerden von etwa 3000 Klägern, darunter die Migros-Pensionskasse. Sie verlangen entweder Schadenersatz in Milliardenhöhe oder die Aufhebung der Finma-Entscheidung. Das Verfahren ist äusserst komplex und wird in mehreren Teilverfahren abgewickelt. Die Kanzlei Quinn Emanuel hat beim Bundesgericht Beschwerde wegen Verzögerung eingereicht, da sich das Verfahren in die Länge zieht.

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SRF 4 News, 7.10.2025, 13 Uhr

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