Wie viel war die Credit Suisse wert, als sie am 19. März 2023 von der UBS übernommen wurde? Diese Frage erhitzt auch zweieinhalb Jahre nach dem Untergang der CS die Gemüter.
76 Rappen für eine CS-Aktie
CS-Aktionäre und -Aktionärinnen erhielten für 22.48 ihrer Aktien eine UBS-Aktie oder, anders gesagt, 76 Rappen pro Aktie. Viel zu wenig, findet eine Gruppe von 39 Klägern, welche die UBS am Zürcher Handelsgericht eingeklagt haben: Eine CS-Aktie sei, je nach Bewertungsmethode, zwischen 2 und mehr als 9 Franken wert gewesen.
Im Juni beauftragte das Handelsgericht zwei Gutachter – Peter Leibfried, Professor an der Universität St. Gallen, sowie Roger Neininger, ehemaliger Chef von KPMG Schweiz – den sogenannten Fortführungswert, den die CS am 19. März 2023 hatte, zu ermitteln. Deshalb musste die UBS dem Handelsgericht interne Dokumente zur Verfügung stellen.
UBS will Akteneinsicht verhindern
Nun versucht die UBS zu verhindern, dass die Kläger vollständige Einsicht in diese Dokumente erhalten. Die Bank will, dass die Kläger und ihre Anwälte nur diejenigen Dokumente zu Gesicht bekommen, welche die beiden Gutachter verwenden. Ein beteiligter Anwalt, der nicht namentlich genannt sein will, sagt gegenüber SRF: «Um beurteilen zu können, wie sich die Sachlage präsentiert, muss ich Einsicht in sämtliche Akten haben.» So wisse er nicht, ob die UBS alles gegeben habe, was relevant sei. «Bei einem Streitwert von 50 Milliarden Franken ist die Versuchung gross, nur das einzureichen, was einem passt.» Der Streitwert von 50 Milliarden Franken wurde vom Handelsgericht festgelegt.
Diese Massnahme ist für die Kläger problematisch.
Auch Anwalt Andreas Hauenstein, der das Westschweizer Start-up-Unternehmen Legal Pass mit über 3000 Klägern vertritt, kritisiert die Massnahme: «So wie die UBS das beantragt, würden die Kläger wahrscheinlich bis zum Schluss des Prozesses nur einen Teil dieser Unterlagen sehen. Das ist für die Kläger natürlich problematisch.»
Möglichst wenig Informationen
Die UBS geht aber noch weiter: Die Kläger sollen auch diejenigen Dokumente, in die sie Einsicht haben, nicht erhalten. Sie sollen sie nur am Handelsgericht einsehen können. Zudem dürfen sie unter Strafandrohung nichts gegenüber der Öffentlichkeit und Medien offenlegen. Es überrasche ihn nicht, dass die Anträge der UBS weit gingen, sagt Andreas Hauenstein: «Natürlich versucht die UBS in dieser Situation, möglichst die maximale Kontrolle über die Informationen zu erhalten und den Klägern möglichst wenig Informationen zu geben.»
«Es ist unüblich, weite Teile einer Rechtsschrift geheim zu halten», sagt der andere Anwalt gegenüber SRF. «In der Schweiz gilt der Grundsatz, dass Verfahren öffentlich sind.»
Auch der Anwalt des Schweizerischen Anlegerschutzvereins, Tobias Aggteleky, teilt diese Meinung: «Wenn das Handelsgericht dem Antrag der UBS nach Anhörung der Kläger definitiv stattgeben würde, wäre eine solch weitgehende Einschränkung ungewöhnlich.»
Bis Ende September können die Anwälte der Kläger beim Handelsgericht zur Frage des Einsichtsrechts Stellung nehmen. Dann wird das Handelsgericht definitiv darüber entscheiden. Die UBS wollte gegenüber SRF keine Stellung nehmen. Am Handelsgericht war am Freitag niemand für eine Stellungnahme erreichbar.