Zum Inhalt springen

Ukrainische Flüchtlinge Justizminister Jans denkt über Anpassung des Schutzstatus S nach

Der Bundesrat will die Erwerbsquote bei ukrainischen Flüchtlingen erhöhen. Dafür schwebt ihm ein neuer Weg vor. Der Arbeitgeberverband meldet erste Bedenken an.

Ukrainerinnen oder Ukrainern mit einem Job in der Schweiz soll es möglich sein, vom Schutzstatus S in einen Aufenthaltsstatus zu wechseln. Diese Idee äusserte Justizminister Beat Jans in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung». Damit soll die Erwerbstätigkeit von Geflüchteten aus der Ukraine gefördert werden.

Zwei Dentalhygienikerinnen arbeiten in einer Praxis. Zwischen ihnen liegt eine Patientin.
Legende: Diese beide ukrainischen Zahnärztinnen haben in Bern Arbeit als Dentalhygienikerinnen gefunden. Knapp ein Fünftel der Geflüchteten in der Schweiz ist erwerbstätig. Archiv/SRF

Heute liegt die Erwerbsquote der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer bei rund 23 Prozent. Das ist deutlich weniger als in anderen europäischen Ländern. So liegt die Erwerbstätigkeit beispielsweise in den Niederlanden oder Norwegen bei über 50 Prozent. Der Bundesrat sucht derzeit Lösungen, um hier aufzuholen.

Mögliche Rückkehr erschwert Planbarkeit

Ein Problem für die Schweizer Unternehmen bei der Anstellung der Geflüchteten ist, dass der Schutzstatus S rückkehrorientiert ist. Sobald der Krieg vorbei ist, macht der Bund die Rückkehr ins Heimatland möglich. Für Unternehmen erschwert das die Planbarkeit, denn die angestellten Ukrainerinnen oder Ukrainer könnten respektive müssten schnell wieder gehen. Zudem gilt der Schutzstatus derzeit bis März 2025.

Unter dieser Voraussetzung lohnt sich für gewisse Unternehmen eine lange und teure Einarbeitung der Flüchtlinge nicht. Ein unkomplizierter Wechsel vom Schutzstatus in einen Aufenthaltsstatus (unter der Bedingung einer Erwerbstätigkeit) würde die Planbarkeit für Unternehmen vermutlich verbessern.

Konkurrenz für Spezialisten aus anderen Staaten

Beim Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) sorgt Jans' Idee zur Anpassung des Schutzstatus für eine gewisse Überraschung, auch wenn noch viele Details offen seien. Sorgen macht dem SAV diesbezüglich der Umgang mit den Drittstaatenkontingenten. Damit erlaubte der Bundesrat im vergangenen Jahr bis zu 8500 Fachkräften aus Drittstaaten die Einreise in die Schweiz.

Der SAV befürchtet, dass ukrainische Flüchtlinge hierzulande Spezialisten aus anderen Ländern konkurrenzieren könnten, sollten sie vom Schutzstatus zu einem Aufenthaltsstatus wechseln können. «Die Ukraine ist ein Drittstaat. Es kann nicht sein, dass die Geflüchteten zulasten dieses Spezialistenkontingents gehen würden», sagt Daniella Lützelschwab, Ressortleiterin Arbeitsmarkt beim SAV.

Eine allfällige Änderung des Schutzstatus sollte aus Sicht des SAV auch mit der Europäischen Union koordiniert werden. «Sonst sehen wir die Möglichkeit, dass diese Massnahme eine Sogwirkung in die Schweiz auslösen könnte», sagt Lützelschwab. Es könnten also ukrainische Flüchtlinge aus anderen Ländern angelockt werden.

SEM klärt zuerst Anpassung ab

Ob und wie die Idee des Justizministers überhaupt umgesetzt werden könnte, ist derzeit nicht klar. «Welche rechtlichen Anpassungen nötig wären, um Personen, die heute über den Status S verfügen und erwerbstätig sind, unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufenthaltsbewilligung erteilen zu können, wird derzeit vertieft abgeklärt», schreibt das Staatssekretariat für Migration (SEM) auf Anfrage.

So oder so muss eine Lösung auf den Tisch. Bis Ende 2024 will der Bundesrat die Erwerbsquote bei den ukrainischen Flüchtlingen von heute rund 23 auf 40 Prozent erhöhen. Die Anpassung des Schutzstatus ist laut dem SEM aber nur eine von mehreren Möglichkeiten.

Tagesschau, 03.04.2024, 19:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel