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Um 12:30 Uhr war Schluss Das erste Schweizer Atomkraftwerk hat den Betrieb eingestellt

  • Nach 47 Betriebsjahren ist seit 12.30 Uhr das Atomkraftwerk Mühleberg abgeschaltet.
  • Nach der Abschaltung des AKW gehen die Stilllegungs- und Rückbauarbeiten direkt am 6. Januar los.
  • Bis im Jahr 2024 sollte Mühleberg frei von Kernbrennstoff sein. 2034 soll der Rückbau beendet sein, so der Plan der BKW.

Mit der Abschaltung gehe eine Ära zu nde, sagte Werkleiter Martin Saxer. «Es ist aber lediglich ein Kapitel abgeschlossen. Am 6. Januar schlagen wir ein neues auf.»

Saxer zeigte sich stolz auf die 330 Mitarbeitenden des Werks, die über 47 Jahre einen Betrieb ohne grössere Zwischenfälle garantiert hätten. Das Werk habe insgesamt 130'000'000'000 Kilowattstunden Strom produziert. Das würde ausreichen, um die Stadt Bern über hundert Jahre lang mit Strom zu versorgen. Gesamtschweizerisch trug Mühleberg mit 5 Prozent zur Stromproduktion bei.

Er wünsche sich, dass «die Erfolgsgeschichte ab dem 6. Januar weitergeschrieben» werde, sagte Stefan Klute, Gesamtprojektleiter der Stilllegung. Für die Stilllegung und den Rückbau wurden die Mitarbeitenden geschult.

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Legende: SRF

In der ersten Januarwoche geht es vor allem darum, die Infrastruktur für den Ausbau der Turbinen und Generatoren aufzustellen. Der Ausbau sollte bis im kommenden Herbst über die Bühne gehen.

Dabei gilt es unter anderem, die sogenannten Splitterschutzsteine aus dem Maschinenraum zu hieven. Einer allein wiegt zwischen 4 und elf Tonnen, wie Klute ausführte. Das Ziel sei, pro Tag drei bis vier Steine herauszuholen.

Nach drei Monaten sollen die Brennelemente herausgeholt und im Lagerbecken abgelegt werden. Das Becken erhält ein autarkes Notsystem, das nicht mehr mit dem Reaktor gekoppelt ist.

Historischer Moment

Als «historisch» beurteilt Energieministerin Simonetta Sommaruga (SP) den heutigen Tag. «Die Zukunft gehört der einheimischen, sauberen Energie aus Wasser und Sonne», schrieb die Bundesrätin auf Twitter.

Die Windenergie-Branche stehe in den Startlöchern, versicherte Suisse Eole, die Vereinigung zur Förderung der Windenergie, in einem Communiqué. Sie habe ihre Hausaufgaben gemacht und genügend Projekte in der Pipeline, um gemeinsam mit der Sonnenenergie eine sichere und erneuerbare Stromversorgung zu garantieren. Dass die Kernenergie keine Zukunft haben soll, glauben nicht alle.

Atomausstieg fraglich

Das Nuklearforum Schweiz etwa weist darauf hin, dass der Ausbau der Kernenergie weltweit weitergehe. Derzeit seien fast 450 Kernkraftwerke in Betrieb, 54 neue würden gebaut, und 120 seien geplant.

Für die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) ist die Abschaltung des AKW Mühleberg keineswegs der erste Schritt in ein atomfreies Zeitalter. Im Fall von Mühleberg passte beim Stilllegungsentscheid der BKW 2013 alles zusammen. Vor allem erwies sich die Abschaltung als kostengünstigere Variante im Vergleich zum Weiterbetrieb.

Bei den anderen vier Schweizer AKW sei das nicht der Fall, stellen die Autoren der Studie der SES fest. Im Fall von Beznau, Leibstadt und Gösgen wirkten die betriebswirtschaftlichen Anreize so, dass es sich lohne, die Stilllegung hinauszuzögern.

Der nächste Abschaltkandidat ist das älteste AKW der Schweiz. Doch bei Beznau liegt der Fall anders als bei Mühleberg. Die Betreiberin Axpo ging nach Fukushima einen anderen Weg als die BKW und hielt an der Atomkraft fest. Für die Autoren der Studie ist denkbar, dass dieser Entscheid durch die bereits beschlossenen Nachrüstungen unumkehrbar ist.

Weil die Axpo auch an Leibstadt und Gösgen beteiligt sei, habe eine Stilllegung für den Konzern eine andere Tragweite als bei der BKW. Laut Studie ist es denkbar, dass die Axpo grössere Verluste durch teure Nachrüstungen und schlechte Preise an der Strombörse in Kauf nahm, um auf lange Sicht mehrere Grosskraftwerke im Markt zu halten.

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