Weder Befürworter noch Gegner der EU-Waffenrichtlinie bestreiten, dass die Schweiz dank dem Schengen-Abkommen derzeit in ein europäisches Fahndungssystem eingebunden ist, das gute Dienste leistet. Es ermöglicht den Behörden innert Sekunden Erfolge, für die sie früher Tage oder Wochen brauchten.
Die Schengen-Mitgliedschaft wird dahinfallen.
Doch dieses Fahndungsmittel steht bei einem Nein zur Waffenrichtlinie, über die wir am 19. Mai abstimmen, auf dem Spiel. Denn laut Befürwortern der Vorlage würde die Schweiz aus dem Schengen-System ausgeschlossen.
«Nach drei Monaten können wir den gemischten Ausschuss anfragen, und wenn dieser nach weiteren drei Monaten keine bilaterale Lösung findet, wird die Mitgliedschaft dahinfallen», sagt etwa der grünliberale Nationalrat Beat Flaach.
Ein Rauswurf ist weder im Interesse der Schweiz, noch der EU.
Im gemischten Ausschuss sitzt die Schweiz mit den Ministern der EU-Staaten und mit Vertretern der EU-Kommission zusammen – quasi der EU-Regierung. Der Ausschuss kann einen Beschluss nur einstimmig treffen, wobei sich ein Teilnehmer auch der Stimme enthalten kann. Aus dieser Konstellation schliessen die Gegner der Waffenrichtlinie, dass es von EU-Seite keinen Rauswurf der Schweiz aus dem Schengen-Raum geben wird.
«Das kann weder im Interesse der Schweiz, noch im Interesse der EU sein», sagt deshalb der Wortführer der Abstimmungsgegner, SVP-Nationalrat Werner Salzmann. Und weil es keinen Automatismus gebe, sei die Drohung der Befürworter der Waffenrichtlinie haltlos. Eine Kündigung des Abkommens seitens der EU sei keine juristische Entscheidung, sondern allenfalls eine politische.
Ein weisser Fleck mitten in Europa
Politisch ist der Fall für den bernischen Schützenverbandspräsident Salzmann klar: Die EU-Staaten wollen keinen weissen Fleck mitten im Schengen-Raum. Denn die Schweiz würde zu einem Gebiet, wo das Fahndungssystem nicht mehr greifen würde und damit zu einem Sicherheitsrisiko für ganz Europa.
Hinzu komme, dass die EU nicht wolle, dass die mehr als 300'000 Grenzgänger wieder Grenzkontrollen über sich ergehen lassen müssten, auch wolle die EU nicht auf 500 Millionen Franken aus der Schweiz verzichten.
Wieso Schengen aufs Spiel setzen?
Der Grünliberale Flaach beurteilt die Ausgangslage ganz anders aus. Er räumt ein, es gebe die Möglichkeit einer Einigung mit der EU nach einem Volks-Nein zur Waffenrichtlinie. Doch das sei rein theoretisch und allenfalls eine Notlösung. Doch damit eine solche Möglichkeit zustande komme, müssten alle anderen einstimmig einer Sonderlösung für die Schweiz zustimmen – was Flaach für sehr unwahrscheinlich hält.
Vor allem aber sieht Flaach keinen Grund, warum die Schweiz dieses Risiko eingehen und Schengen aufs Spiel setzen sollte. Denn schliesslich nehme die neue Waffenrichtlinie Rücksicht auf die Schweizer Schützentradition.
Für die Gegner steht aber genau diese Tradition auf dem Spiel: Die neuen Regeln sähen zwar Ausnahmen vor, behandelten aber die Schweizer Schützen wie potenzielle Terroristen. Zudem könne die EU die Regeln alle fünf Jahre weiter verschärfen. Dagegen anzutreten gewichten die Gegner der Waffenrichtlinie höher, als das Risiko, aus dem Schengen-Raum zu fallen.