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Unterricht an der Universität Rektorin: «Niemand wird gezwungen, an die Hochschule zu kommen»

Wegen der Corona-Situation finden grosse Vorlesungen an der Universität Bern ab sofort nur noch im Fernunterricht statt. Für Seminare etwa oder Labor-Unterricht müssen die Studierenden weiterhin an die Uni. Damit steht die Universität Bern unter den Schweizer Unis im Moment noch alleine da. Doch man sei auf alles vorbereitet, sagt die Rektorin der Uni Freiburg und Vizepräsidentin der Schweizer Rektorenkonferenz, Astrid Epiney.

Astrid Epiney

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Astrid Epiney (*1965) ist ordentliche Professorin für Völkerrecht, Europarecht und schweizerisches öffentliches Recht an der Universität Freiburg. Seit 1995 ist sie dort zudem Direktorin des Instituts für Europarecht. Sie ist Rektorin der Universität Freiburg und Vizepräsidentin der Rektorenkonferenz Swissuniversities .

SRF News: Ist der Entscheid der Universität Bern wegweisend für andere Unis in der Schweiz?

Astrid Epiney: Alle Universitäten reagieren auf die steigenden Corona-Fallzahlen, alle haben Schutzkonzepte entwickelt. Das Vorgehen der Uni Bern ist in diesem Zusammenhang gesehen einfach ein möglicher Weg.

Der Bundesrat empfiehlt für Firmen Homeoffice. Warum gilt an Hochschulen noch immer Präsenzunterricht?

Die Arbeit von zu Hause aus ist auch an den Unis weit verbreitet, vor allem unter den Assistentinnen und Assistenten sowie den Doktorierenden, soweit das möglich ist. Der Präsenzunterricht hat für die Lernenden aber gewisse Aspekte, die mit dem Fernunterricht nicht erfüllt werden können.

Gewisse Aspekte können mit dem Fernunterricht nicht erfüllt werden.

Dazu gehören etwa das Analysieren, die Konfrontation mit anderen Meinungen, der Austausch mit anderen. Das sind essenzielle Bestandteile der Hochschulbildung, weshalb die Unis eher zurückhaltend sind, den Präsenzunterricht wieder zu verbieten.

Die Studenten und die Unis müssen also ein gewisses Risiko auf sich nehmen, das durch das Pendeln der Studierenden und Lehrenden entsteht?

Alle Hochschulen bieten auch die Möglichkeit an, den Unterricht aus der Ferne mitzuverfolgen. Es wird also niemand gezwungen, an die Hochschule zu kommen – ausgenommen sind sehr spezifische Unterrichtseinheiten wie Labortätigkeiten.

Auch in anderen Bereichen wird eine Interessenabwägung gemacht – denken Sie etwa an die Bars.

Letztlich geht es um eine Interessenabwägung: Auf der einen Seite steht das Anliegen einer qualitativ hochstehenden Bildung für Studierende, die schon das ganze Frühlingssemester im Fernunterricht verbracht haben. Auf der anderen Seite sollen die Ansteckungen minimiert werden. Das ist ja auch in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens so – denken Sie etwa an Bars, die immer noch geöffnet sind.

Selbst wenn die Studierenden eine Maske tragen: Ist ein Präsenzunterricht etwa in den kleineren Seminarräumen noch vertretbar?

Alle Hochschulen haben Schutzkonzepte entwickelt, die auch gemeinsame Aspekte aufweisen: Dazu gehört neben einer generellen Maskenpflicht etwa auch der Sicherheitsabstand. Entsprechend wird sehr ernsthaft darauf geschaut, dass die Abstände auch mit Maske und in kleineren Unterrichtsräumen eingehalten werden. So kann die Ansteckungsgefahr immerhin minimiert werden.

Bislang hat sich – zumindest in Freiburg – niemand in einem Vorlesungssaal angesteckt.

Bislang gibt es etwa bei uns an der Uni Freiburg keinerlei Hinweise, dass sich jemand in einem Vorlesungs- oder Seminarraum angesteckt hat. Offenbar stecken sich die Studierenden – wenn schon – anderswo an und nicht an den Hochschulen.

Welche Pläne haben die Hochschulen, wenn die Neuansteckungen weiterhin so stark steigen wie zuletzt?

Die Situation kann sich jeden Tag ändern, wir sind auf alles vorbereitet. Wenn es sein müsste, könnten wir rasch auf weitestgehenden Fernunterricht umsteigen. Das ist allerdings keineswegs unser Wunschszenario. Im Gegenteil.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

SRF 4 News, 21.10.2020, 06.40 Uhr ; 

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