Im Dreiländereck bei Basel treffen Welten aufeinander: Auf Schweizer Seite darf ab Montag auf Beizen-Terrassen wieder getrunken und gegessen werden, in den Fitnessstudios wird seit dem Morgen wieder geschwitzt und sogar Konzerte sind wieder erlaubt.
Ganz anders präsentiert sich das Bild derweil ennet der Landesgrenze, nur ein paar Hundert Meter von Basel weg. So zogen die deutschen Behörden am letzten Donnerstag im Landkreis Lörrach aufgrund der steigenden Infektionszahlen die sogenannte «Corona-Notbremse» – und dies obwohl die Fallzahlen in den Tagen davor gleich oder gar tiefer waren als in der Schweiz.
Viele Läden bleiben in Deutschland geschlossen und dürfen ihre Waren nur noch nach vorheriger Bestellung verkaufen. Museen sind ebenfalls zu. Ein ähnliches Bild präsentiert sich im Elsass. Hier gilt zusätzlich sogar noch eine nächtliche Ausgangssperre.
Jean-Christophe Meyer, Journalist bei der Zeitung «L'Alsace», reibt sich ab den Lockerungen in der Schweiz die Augen. «Die Situation erinnert mich ein bisschen an einen Science-Fiction-Film», sagt Meyer angesprochen auf die unterschiedlichen Massnahmen, die in der Schweiz und Frankreich gelten.
Wie in einem Science-Fiction-Film.
Gleich geht es Laura Könsler, Radiojournalistin beim SWR in Lörrach. Sie sei für eine Reportage kürzlich in Basel gewesen und habe schon vor den neusten Lockerungen den Eindruck gehabt, dass in Basel die Stimmung anders sei als in Deutschland: «Die Leute trugen keine Masken in der Stadt. Die Läden sind geöffnet, also eine ganz andere Welt nur ein paar Kilometer weiter südlich.»
Eine ganz andere Welt nur ein paar Kilometer weiter südlich.
Sie habe das Gefühl, in der Schweiz herrsche ein viel lockerer Umgang mit der Pandemie, sagt Könsler. Jean-Christophe Meyer ergänzt, dass das Elsass in der ersten Welle besonders hart getroffen wurde. Deshalb sei in der Bevölkerung auch ein gewisses Verständnis für die harten Massnahmen vorhanden: «Viele Familien mussten leiden und haben jemanden verloren. Hier kennt man das Virus und weiss, welchen Schaden es anrichten kann.»
Nicht glücklich über das unterschiedliche Vorgehen in der Bekämpfung der Pandemie ist Marion Dammann. Dammann ist Landrätin des Landkreises Lörrach und in dieser Funktion Chefin der Landkreis-Verwaltung. «Die Bevölkerung macht sich Sorgen, dass mit den Lockerungen in der Schweiz die Infektionszahlen wieder steigen könnten, und allenfalls auch der Grenzverkehr wieder eingestellt werden könnte.» Dammann sähe es lieber, wenn in der ganzen Dreiland-Region die gleichen Regeln gelten würden.
Kein Neid aber Sorge
Die Behörden in Deutschland und Frankreich beobachten kritisch, ob aufgrund der Lockerungen in der Schweiz nun viele Leute aus dem Elsass und Südbaden in die Schweiz fahren, um die neuen Freiheiten zu geniessen. Sei es zum Essen auf der Beizen-Terrasse, zum Museumsbesuch oder zum Einkaufen. Journalist Meyer und Journalistin Könsler gehen beide davon aus, dass dies trotz eingeschränkter Reisefreiheiten der Fall sein wird. Dieser Einkaufstourismus in «umgekehrter Form» habe es schon in der ersten Phase der Pandemie gegeben, hält Könsler fest. «Ich kann mir vorstellen, dass viele Elsässer für einen Apéro nun in die Schweiz fahren werden», sagt Meyer, obwohl dies in Basel viel teurer ist als im Elsass.
Neidisch auf die Situation in der Schweiz sei sie nicht, sie gönne den Schweizerinnen und Schweizern die neuen Freiheiten, sagt Könsler und ergänzt: «Ich hoffe, sie müssen nicht wieder einen Schritt zurück machen.»