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Urteil Bundesgericht Nach Tod eines Asylsuchenden: Der Bund haftet direkt

Die Familie klagt, das Bundesgericht urteilt: Warum der Bund für einen Todesfall in Lyss haften muss.

Im November 2020 ist ein Asylbewerber aus dem Bundesasylzentrum in Kappelen bei Lyss im Berner Seeland verstorben. Der Mann litt an Herzproblemen und wurde mitten in der Nacht per Taxi ins Spital Aarberg gebracht. Nun hat das Bundesgericht entschieden: Der Bund trägt in diesem Fall die Verantwortung – nicht die ORS oder die Securitas, die für das Zentrum zuständig sind.

Kurzeinschätzung von SRF-Gerichtskorrespondentin Sibilla Bondolfi

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Mit seinem Leitentscheid stellt das Bundesgericht klar, dass sich der Bund nicht aus der Verantwortung stehlen kann, indem er das Betreiben eines Bundesasylzentrums an Private auslagert.

Für die Betroffenen ist das wichtig – sie können vom Staat Geld fordern und müssen nicht Private verklagen, die schlimmstenfalls zahlungsunfähig sind.

Aus staatlicher Sicht ergibt sich aber eine unbefriedigende Situation: Private können mit dem Betreiben von Bundesasylzentren Geld machen – und wenn etwas schiefgeht, muss der Staat geradestehen. Ob der Bund auf die Privaten Regress nehmen kann, wird sich noch zeigen müssen.

Es handelt sich um einen Leitentscheid des Bundesgerichts zur Frage, wer letztlich die Verantwortung trägt, wenn es um die Betreuung und Unterbringung von Asylsuchenden geht. Für das Bundesgericht ist klar: Das ist eine öffentlich-rechtliche Aufgabe. Sie basiert auf einer gesetzlichen Grundlage und einem klaren Auftrag des Bundes – entsprechend bleibt dieser auch verantwortlich.

Familie fordert Schadenersatz

Ausgelöst wurde der Fall durch die Familie des verstorbenen Asylbewerbers. Sie fordert vom Bund Schadenersatz und Genugtuung in Höhe von 250'000 Franken. Das Eidgenössische Finanzdepartement hatte die Forderung abgelehnt und die Verantwortung auf die ORS und die Securitas abgeschoben, die das Bundesasylzentrum betreiben. Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht blieb die Familie erfolglos.

In seinem aktuellen Urteil korrigiert das Bundesgericht die Vorinstanzen und gibt der Familie recht. Das Finanzdepartement muss nun entscheiden, ob den Angehörigen eine Entschädigung zusteht. Die Grundsatzfrage ist damit noch nicht abschliessend geklärt.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 2.9.2025, 12:03 Uhr ; 

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