- Ein Aargauer Gastronom erhält von seiner Versicherung keine Entschädigung für den Ertragsausfall wegen der Pandemie, urteilt das Bundesgericht.
- In den Versicherungsunterlagen stehe klar, dass Schäden wegen einer Pandemie der WHO-Stufe 5 und 6 nicht gedeckt seien.
- Mit dem Grundsatzurteil stösst das Bundesgericht damit ein Urteil des Aargauer Handelsgerichts um.
Das Urteil dürfte auch für andere Versicherte und Versicherungen wegweisend sein. Überall dort, wo Pandemieschäden ausdrücklich ausgeschlossen sind, müssen die Versicherungen wohl künftig nicht mehr zahlen.
Aargauer Handelsgericht urteilte anders
Konkret geht es um den Fall eines Aargauer Restaurants. Dieses hatte eine «Geschäftsversicherung KMU» abgeschlossen, die auch einen Ertragsausfall infolge Epidemie umfasst. Infolge der vom Bundesrat angeordneten Schliessung von Restaurants im ersten Corona-Shutdown im März 2020 erlitt der Gastrounternehmer einen solchen Ertragsausfall. Seine Versicherung wollte allerdings nicht bezahlen, da es sich um eine Pandemie und nicht um eine Epidemie handle.
Dagegen ging der Wirt aus Baden juristisch vor und erhielt vor dem Aargauer Handelsgericht Recht. Dieses kam zum Schluss, dass die Voraussetzungen der Ausschlussklausel nicht erfüllt seien, weshalb der Deckungsausschluss nicht greife. Das Gericht verpflichtete im Mai 2021 die Versicherungsgesellschaft zur Zahlung von 40'000 Franken.
Bundesgericht: Versicherung muss nicht zahlen
Die Versicherungsgesellschaft zog den Fall ans Bundesgericht weiter. Dieses beurteilt den Fall wesentlich anders als die erste Instanz und heisst die Beschwerde des Versicherers gut: Die Versicherung müsse nicht bezahlen – die Klausel zum Deckungsausschluss in den allgemeinen Versicherungsbedingungen zur abgeschlossenen «Geschäftsversicherung KMU» sei ausreichend klar, urteilt das Bundesgericht.
Im Kleingedruckten stehe in der Police klar, welche Schäden und Risiken von der Deckung ausgenommen sind. «Ausgenommen werden unter anderem Schäden infolge Krankheitserregern, für welche national oder international die Pandemiestufen 5 oder 6 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gelten.»
Risiken gemäss Versicherung ausgenommen
Dem betroffenen Gastrobetreiber hätte klar sein müssen, dass von der grundsätzlichen Deckung der Schäden bei Epidemien die gravierendsten Risiken ausgenommen waren, wie sie in der Ausschlussklausel durch die angeführten WHO-Pandemiestufen 5 und 6 umschrieben sind, so das Bundesgericht.
Auch wenn die WHO inzwischen nicht mehr in diesen Stufen rechne, entspreche die Covid-19-Pandemie den erwähnten Stufen. Damit bestehe entgegen der Ansicht des Aargauer Handelsgerichts keine Versicherungsdeckung, heisst es abschliessend.
Enttäuschung und Erleichterung
Der Vertreter des Klägers, der auf Versicherungsrecht spezialisierte Anwalt Volker Pribnow, zeigt sich «erheblich enttäuscht» von dem Urteil, das Hunderte versicherte Gastrobetriebe betreffen dürfte. Allerdings sei bei vom Bundesgericht zu entscheidenden grundsätzlichen Fragen der Ausgang immer offen, so Pribnow.
Aufatmen dagegen auf Seiten der Versicherung. «Nach eindreiviertel Jahren Unsicherheit hat das Bundesgericht endlich Rechtssicherheit geschaffen», sagt Adrian Kollegger, bei der Helvetia für diese Art von Versicherungen zuständig. Das sei nicht nur für die Versicherungen, sondern auch für die Versicherten zentral.