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Urteil Kantonsgericht Zug Sieg für Spiess-Hegglin: Ringier muss hohen Gewinn herausgeben

  • Laut dem nun publizierten Urteil des Zuger Kantonsgerichts muss der Verlag Ringier der früheren Zuger Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin insgesamt 309'531 Franken plus fünf Prozent Zinsen herausgeben.
  • Die Summe bezieht sich auf den Gewinn, den Ringier mit vier persönlichkeits­verletzenden Artikeln über Spiess-Hegglin gemacht hat.
  • Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ringier zieht es weiter ans Zuger Obergericht.

Mit dem Urteil folgt das Zuger Kantonsgericht zu grossen Teilen der Argumentation von Jolanda Spiess Hegglin. Sie verlangte über 430'000 Franken – während Ringier den Gewinn der vier Artikel gerade mal auf 5000 Franken bezifferte. Ringier wollte, dass nur eine durch die vier Artikel gesteigerte Auflage oder höhere Erlöse berücksichtigt werden.

Gericht rechnet wie Spiess-Hegglin

Das Gericht stützte sich aber auf die Berechnungsmethode von Spiess-Hegglin: Es berechnete den Umsatz aus Abos, Kioskverkäufen und Werbeeinnahmen von Online und Print. Diesen Betrag brach das Kantonsgericht auf die vier Artikel herunter und zog die Löhne der an den Artikeln beteiligten Journalisten ab. So kam es auf einen geschätzten Gewinn von rund 25'000 für den billigsten und rund 113'000 Franken für den teuersten Artikel. Insgesamt soll Ringier also 309'531 Franken zahlen – plus während fast zehn Jahren fünf Prozent Zinsen.

Dazu muss das Medienunternehmen Spiess-Hegglin fast 112'500 Franken an Entschädigung zahlen, beispielsweise für Anwalts- und Gutachterkosten. Total muss Ringier über eine halbe Million Franken überweisen.

Mann und Frau am Laufen
Legende: Jolanda Spiess-Hegglin mit ihrem Mann beim Kantonsgericht Zug. Die Verhandlung fand Ende Oktober 2024 statt. Keystone/ Til Buergy

Das ganze Verfahren geht auf die Berichterstattung über die Zuger Landammanfeier im Jahr 2014 zurück. An dieser kam es zwischen der damaligen Grünen-Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin und einem SVP-Kantonsrat zu einem Sexualkontakt. In diesem Zusammenhang entstanden die vier Artikel im «Blick», welche die Persönlichkeit von Spiess-Hegglin verletzten.

Urteil mit Signalwirkung

Nach langjährigen Gerichtsverfahren liegt erstmals ein Urteil vor, welches den Gewinn beziffert. Es könnte ein Urteil mit Signalwirkung sein.

Jolanda Spiess-Hegglin ist erleichtert: «Es ist uns ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Ich gehe davon aus, dass dieses Urteil in der Medienlandschaft etwas bewirken wird.» Dadurch, dass sie überhaupt prozessiert habe, habe sie Sensibilität schaffen können. «Die Berichterstattung des ‹Blicks› hat sich in den letzten Jahren total verändert.»

Ringier zieht Urteil weiter

Ringier ist mit dem Urteil nicht einverstanden. Das Unternehmen schreibt in einer Stellungnahme: «Die Höhe des zugesprochenen Gewinn-Herausgabeanspruchs steht in keinem Verhältnis zum effektiv erzielten Gewinn, den Ringier dem Gericht im Detail offengelegt und mit einem Gutachten von PWC belegt hat.» Ringier wird das Urteil deshalb beim Obergericht des Kantons Zug anfechten.

Opferschutz wird gestärkt

Dennoch: SRF-Medienredaktor Salvador Atasoy sagt, dass das am Montag publizierte Urteil des Zuger Kantonsgerichts bisher einzigartig sei. «Diese sehr hohe Gewinnabschöpfung als Instrument ist neu. Dies bedeutet, dass Medien sich künftig auch die Frage stellen müssen, ob sich die Berichterstattung überhaupt noch lohnt», sagt er.

Entsprechende Prozesskassen müssten künftig wohl voller sein. «Der Opferschutz wird mit diesem Urteil klar gestärkt. Die Berichterstattung für Medien allerdings wird deutlich schwieriger», so Atasoy.

SRF4 News, 27.1.2025, 9:00 Uhr ; 

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