Der altgediente Aargauer SVP-Nationalrat und Lastwagenunternehmer Ulrich Giezendanner ahnte es schon, kaum hatte Doris Leuthard ihren Rücktritt angekündigt: «Es wäre für mich eine Katastrophe, wenn Frau Sommaruga ins Uvek käme. Dann kommen die alten Zeiten von Verhinderer Leuenberger zurück, und das will niemand in diesem Land.»
Unterdessen ist es so gekommen, und Giezendanners Nationalrats- und Parteikollege Adrian Amstutz, Präsident des Lastwagenverbandes Astag, gibt sich diplomatischer: «Es ist jetzt, wie es ist. Ich bin überzeugt, dass Frau Sommaruga diese Aufgabe ernst nimmt und dass sie die Schiene wie die Strasse fördert.» Es gehe darum, Lösungen miteinander und nicht gegeneinander zu finden, so der SVP-Nationalrat.
Freude bei der Alpeninitiative
Bei Jon Pult, dem Präsidenten der Alpeninitiative, ist die Gefühlslage anders. Er will auf keinen Fall, dass Bundesrätin Sommaruga die Politik ihrer Vorgängerin fortführt. Doris Leuthard sei die Verlagerung der Güter auf die Schiene einfach nicht wichtig gewesen: «Im Bereich der Verkehrs- und Verlagerungspolitik hat sie praktisch nichts gemacht. Das war für uns eine grosse Enttäuschung.» Deshalb hege man die Hoffnung, dass mit Simonetta Sommaruga neue Dynamik in die Verlagerungspolitik komme.
Im Bereich der Verkehrs- und Verlagerungspolitik hat Doris Leuthard praktisch nichts gemacht. Das war für uns eine grosse Enttäuschung.
«Das wäre wichtig für die Umsetzung des Volkswillens von 1994», so Pult. Damals sagten Volk und Stände ja zur Alpeninitiative. Das Ziel des Alpenschutzartikels in der Verfassung hätte just mit dem Rücktritt von Verkehrsministerin Leuthard erfüllt sein müssen. Aber: Statt der maximal 650'000 Lastwagen pro Jahr werden auch 2018 wohl wieder etwa 900'000 die Alpen durchquert haben.
Streitpunkt LSVA
Pult fordert deshalb von Verkehrsministerin Sommaruga die Lastwagen-Abgabe, die LSVA, rasch zu erhöhen: «Wir erwarten, dass man in diesem Bereich einen mutigen Schritt vorwärts geht und auch das Maximum ausschöpft, damit weniger Lastwagen durch unser Land fahren.» Das Maximum wären zum Beispiel 325 Franken pro Lastwagenfahrt von Basel bis Chiasso.
Adrian Amstutz kontert: So bringe man nicht mehr Lastwagen auf die Schiene, sondern der Staat kassiere einfach mehr Geld. Und die Abgabe «bezahlt letztlich die Wirtschaft und die Konsumentenschaft. Das belastet die Menschen in diesem Land – das ist natürlich keine Lösung.»
Die LSVA bezahlt letztlich die Wirtschaft und die Konsumentenschaft.
Die zwei Lager – eher für die Schiene oder mehr für die Strasse – bleiben der Verkehrspolitik erhalten. Linke und Grüne werden aber versuchen, bei der neuen Bundesrätin wieder mehr Gehör für ihre Verkehrs-Anliegen zu finden. Zum Beispiel an der Feier «25 Jahre Ja zur Alpeninitiative» im nächsten Jahr – die Einladung an Simonetta Sommaruga ist schon verschickt.