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Verantwortung von Konzernen Das ungewöhnliche Manöver des Bundesrats

Der Bundesrat arbeitet an einem Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungs-Initiative. Er ist sehr wirtschaftsfreundlich.

Die Konzernverantwortungsinitiative ist breit abgestützt: sie wird von Hilfswerken, Kirchen und Vertretern linker und bürgerlicher Parteien getragen. Sie hat somit durchaus Chancen, an der Urne angenommen zu werden. Bundesrat und Parlament sind gegen die Initiative: sie schade dem Wirtschaftsstandort Schweiz.

Um die Gefahr zu bannen, dass sie angenommen wird, hat der Nationalrat einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet. Dieser sieht eine weniger stark ausgebaute Haftung für Konzerne vor als die Initiative, falls sie im Ausland Menschenrechtsverletzungen begehen.

Der wirtschaftsfreundlichere Gegenvorschlag

Nun schaltet sich die Landesregierung in die Debatte ein. In einem ungewöhnlichen Manöver prüft der Bundesrat einen eigenen Gegenvorschlag zur brisanten Konzernverantwortungs-Initiative. Obwohl das Parlament lange an seiner Version gearbeitet hat und der Bundesrat eigentlich gar keinen Gegenvorschlag wollte.

Das verlangt die Initiative

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Unternehmen mit Sitz, Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung in der Schweiz sollen verpflichtet werden, regelmässig eine Sorgfaltsprüfung zu den Auswirkungen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit auf Menschenrechte und Umwelt durchzuführen. Über das Ergebnis dieser Prüfung sollen sie Bericht erstatten.

Verletzt ein Schweizer Unternehmen Menschenrechte oder Umweltstandards, so soll es für den Schaden aufkommen – auch wenn dieser durch eine Tochtergesellschaft im Ausland verursacht worden ist. Schweizer Unternehmen würden damit auch für Tätigkeiten von Unternehmen haften, die sie wirtschaftlich kontrollieren, ohne direkt am operativen Geschäft beteiligt zu sein.

Zur Abstimmung soll die Volksinitiative frühestens im Februar 2020 kommen.

Justizministerin Karin Keller-Sutter soll sich für einen noch schwächeren Gegenvorschlag als jener des Parlaments einsetzen. Dieser würde keine Haftungsregeln für Konzerne enthalten, sondern lediglich die Pflicht, regelmässig über die Achtung der Menschenrechte und des Umweltschutzes zu berichten.

«Ein Eigentor des Bundesrates»

Der Bundesrat hat das Justizdepartement sogar damit beauftragt, eine solche Variante in die Vernehmlassung zu schicken, sollte das Parlament am aktuellen Gegenvorschlag festhalten. CVP-Nationalrat Karl Vogler, der an diesem federführend beteiligt war, versteht den Bundesrat nicht. «Letztendlich ist es ein Eigentor, wenn man diesem überschiessenden Gegenentwurf des Bundesrats folgen würde.»

Eine reine Berichterstattungspflicht sei zahnlos, kritisiert Vogler. Seit anderthalb Jahren hätten sie an diesem Kompromiss gearbeitet, der Nationalrat habe ihn zweimal verabschiedet. Nun schalte sich der Bundesrat in letzter Minute ein, das sei irritierend.

Wirtschaft zeigt sich zufrieden

Die Wirtschaft hingegen hatte den Bundesrat stets ermahnt, in die Debatte einzugreifen, wie der Verband Swiss Holdings bestätigt. Auch beim Wirtschafts-Dachverband sei man zufrieden, sagt Geschäftsleitungsmitglied Erich Herzog. «Wir begrüssen es, dass der Bundesrat klar macht, dass die aktuelle Diskussion im Parlament rund um den Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative in die Irre geht.» Wenn die Schweiz Haftungsregeln schaffe für global tätige Firmen, so sei das weltweit einmalig, kritisiert Herzog.

Der Ball liegt momentan beim Ständerat. Die Rechtskommission berät die Vorlage im September, mit offenem Ausgang: Beteiligte wagen keine Prognose darüber, wie entscheiden wird.

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