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Verborgene Welt unter Basel Eintauchen in kilometerlange Werktunnel des Klybeck-Areals

Das gut zehn Kilometer lange Netz durchzieht das Areal – trotzdem ist es nahezu unbekannt. In der Grösse und im Ausbaustandard gilt es als schweizweit einzigartig. SRF bekommt exklusiv Einblick.

Was auf den ersten Blick wie ein unscheinbarer Abstieg in eine Kelleranlage anmutet, führt in eine verwinkelte Welt, die nur wenige kennen. Andreas Laederach, Leiter Infrastruktur auf dem Klybeck-Areal, steigt die Stufen hinunter. Durch die Tunnel verlaufen kilometerlange Rohrsysteme. Sie versorgen die Industrie.

Netz aus Rohren und Versorgungsleitungen

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Rohre sind angeschrieben mit den Stoffen, die sie transportieren.
Legende: Durch die verschiedenen Industrierohre werden unterschiedliche Stoffe geleitet. SRF/Nina Gygax

Die Industrierohre beliefern verschiedene Pharmafirmen mit Wasserdampf, Kondensat, Öl, Erdgas, Strom, Stickstoff und weiteren Energieträgern.

Über weite Teile ist das Netz doppelstöckig. Oben führen Rohre Stoffe zu den Gebäuden, unten führen die Leitungen von den Firmen weg und leiten etwa Chemieabwasser ab.

Am Netz hängen nicht nur Firmen im Klybeck-Areal selbst, sondern auch weitere Pharmaunternehmen am Standort Basel.

Er stösst eine schwere Tür auf. Ein Rauschen erfüllt den Raum. Es ist etwas feucht, etwas stickig. In den Zügen von Laederach liegt ein Lächeln. «Es ist immer wieder spannend, hier zu sein. Vor allem zu hören, wie die Energie fliesst.»

Mehrere dicke Rohre durchziehen die unterirdischen Gänge. Übereinander geschichtet verlaufen sie durch die langen Korridore. Kein Anfang, kein Ende ist ersichtlich.

Es ist immer wieder spannend, hier zu sein.
Autor: Andreas Laederach Leiter Infrastruktur Klybeck-Areal

Gefährlich sei der Rundgang durch die Werktunnel nicht, versichert Laederach. Trotzdem ist es Pflicht, ein Messgerät mitzuführen: «Der Detektor zeichnet den Sauerstoffgehalt im Tunnel auf.»

Mann hält ein Luftmessgerät.
Legende: Sollte ein gefährlicher Stoff austreten, würde das Messgerät sofort Alarm schlagen. SRF

«Nein, einen Austritt von Stickstoff haben wir noch nie erlebt», antwortet der Infrastruktur-Leiter auf die Frage nach Zwischenfällen.

Begehbar auf ganzer Strecke – schweizweit einzigartig

Die verwinkelten Gänge führen gut zwei Meter unter dem Boden durch: Selbst Ortskundigen fällt die Orientierung nicht immer leicht. «Jetzt weiss ich aber wieder, wo wir sind», sagt Laederach lachend. 25 Zugänge führen in den unterirdischen Bau.

Auf Industrie-Areal sollen bald Tausende Menschen wohnen

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Das Klybeck-Areal, Blick von oben.
Legende: Das Klybeck-Werkareal in Basel liegt bei der Dreirosenbrücke und reicht vom Rhein bis zum Fluss Wiese. SRF

Das Klybeck-Areal liegt heute mitten in der Stadt, früher befand es sich ausserhalb von Basel. Seither ist die Stadt weitergewachsen. Einst arbeiteten auf dem Areal bis zu 10'000 Menschen. Sie produzierten unter anderem Medikamente und Farbstoffe, teilweise auch mit giftigen Stoffen.

Heute sind auf dem Areal lediglich noch rund 2000 Beschäftigte tätig. In den kommenden Jahren soll hier ein neues Stadtquartier entstehen. Es ist mit 300'000 Quadratmetern das grösste Entwicklungsgebiet von Basel – und auch eines der grössten der Schweiz.

Kritik wegen Altlasten im Boden

Es gibt auch Kritik: Teile des Untergrunds und der Gebäude sollen mit giftigen Stoffen belastet sein. Bei der Frage, wie mit den Altlasten umzugehen ist, gehen die Einschätzungen auseinander.

Investoren sind die Swiss Life und eine Gruppe namens Rhystadt AG mit Entwicklungs- und Finanzunternehmen. Sie versprechen, aus dem Ex-Chemiegelände ein offenes Quartier mit Wohnungen für 8500 Menschen und 7500 Arbeitsplätzen zu machen.

Mit der Transformation zu einem Wohnquartier könnten auch Teile der Werktunnel für Umnutzungen frei werden.

Die ersten dieser Tunnel stammen aus den 1950er-Jahren und sind seither stetig weiter ausgebaut worden. Entstanden ist ein verästeltes Netz von rund zehn Kilometern Länge – in dieser Grössenordnung, begehbar auf der ganzen Strecke, gilt es als schweizweit einzigartig.

Eine Karte zeigt die Tunnelanlagen unter dem Boden des Klybeck-Areals.
Legende: Über Jahrzehnte ist ein fein verästeltes Netz an Werktunneln entstanden. SRF / Rhystadt / OpenStreetMap

Das Klybeck-Areal soll zu einem neuen Stadtquartier werden. Es ist das grösste Transformationsareal Basels. Mit der Weiterentwicklung könnten auch Teile der Tunnel für Umnutzungen frei werden. Wegen der Altlasten auf dem Areal gibt es allerdings auch harsche Kritik.

Einer der Investoren des Klybeck-Areals ist die Rhystadt AG. Neben Teilen der oberirdischen Anlagen hat sie auch die Werktunnel erworben. Für Geschäftsführer Christian Mutschler liegt in den Tunnels ein Potenzial für Umnutzungen. «Ob es Spinnereien sind oder ob es je Realität wird, werden wir sehen.»

Das Klybeck-Areal, Blick von oben.
Legende: Früher haben hier bis zu 10'000 Menschen gearbeitet, teils auch mit giftigen Stoffen Medikamente und Farben produziert. Heute ist es das grösste Transformationsareal Basels. SRF

Denkbar sei beispielsweise ein System mit Förderbändern, um künftig den neuen Stadtteil mit Lieferungen, etwa Päckchen, zu versorgen. «Warum nicht auch diese Infrastruktur nutzen und das Quartier unterirdisch versorgen?» Entscheidend ist für Mutschler, dass die unterirdischen Flächen so genutzt werden können, dass oberirdisch Platz frei wird, etwa für Spielplätze oder Cafés.

Mann steht in Werktunnel
Legende: Christian Mutschler sieht in den Tunnelanlagen das Potenzial, oberirdisch mehr freien Platz zu schaffen. SRF

Andere Städte zeigen, was mit Umnutzungen von Untergrundbauten möglich ist: In London wird zum Beispiel in alten Bunkeranlagen Gemüse gezüchtet. Oder in Helsinki gibt es in umgenutzten Bunkern Sport- und Spielplätze sowie ein Hallenbad.

Warum nicht auch diese Infrastruktur nutzen und das Quartier unterirdisch versorgen?
Autor: Christian Mutschler Geschäftsführer Rhystadt AG

Derart grossflächige Projekte sind im Klybeck allerdings nicht realisierbar, sagt Mutschler. Die Tunnel sind lang und eng. Ausserdem sollen auch grosse Teile der Industrierohre weiterhin genutzt werden. Gewisse Seitengänge könnten aber frei werden – auch für Umnutzungen: «Zum Beispiel für Veloparkplätze unter dem Boden.»

Wie die Tunnel künftig genau genutzt werden, ist noch offen. Klar ist aber: Bei diesem künftigen Stadtquartier ist nicht nur die oberirdische Entwicklung spannend.

Regionaljournal Basel, 10.11.2025, 6:32 Uhr; sten

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