Die beiden Männer schlafen noch, als es morgens um sechs Uhr klingelt. Noch im Pyjama öffnet einer die Tür – und erschreckt. «Kantonspolizei Zürich, Wohnungskontrolle!» Zwei Beamte schauen im Schlafzimmer nach, wer im Bett liegt, sie prüfen im Bad, ob da zwei Zahnbürsten liegen, und sie betrachten Hochzeitsfotos des Paars.
Im Auftrag des Migrationsamtes müssen sie abklären, ob die beiden Männer wirklich zusammen sind. Weil die beiden rund anderthalb Jahre zuvor ihre Partnerschaft haben eintragen lassen, konnte der eine – ein Peruaner – seine Aufenthaltsbewilligung verlängern.
Anders als im Film war das nicht lustig.
Es sei wie im Film «Die Schweizermacher» gewesen, sagt der Anwalt der beiden, Christian Bignasca. Mit dem Unterschied, dass nicht die witzigen Figuren von Herrn Bodmer und Herrn Fischer vor der Tür standen, sondern zwei Uniformierte. «Anders als im Film war das nicht lustig.»
Männer wehren sich vor Gericht
Zwar kam das Migrationsamt zum Schluss, dass die beiden wirklich ein Paar sind. Trotzdem wehren sie sich vor Gericht und verlangen die Feststellung, dass die Wohnungskontrolle widerrechtlich gewesen sei. Am 10. Juni berät das Bundesgericht öffentlich in letzter Instanz.
«Meine Klientschaft konnte nicht verstehen, warum das Migrationsamt die Polizei zu ihnen nach Hause schickt», erklärt Bignasca. «Sie waren schockiert.» Das sei ein krasser Eingriff in ihre Privatsphäre gewesen – unverhältnismässig und ohne gesetzliche Grundlage.
Dass Migrationsämter Wohnungen kontrollieren dürfen, steht tatsächlich nirgends explizit im Gesetz. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich meinte, diese Befugnis ergebe sich aus der Mitwirkungspflicht gemäss Ausländergesetz in Verbindung mit einer Bestimmung im kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetz, wonach die Behörden einen Sachverhalt unter anderem durch einen Augenschein abklären.
Die zentralen Fragen vor dem Bundesgericht werden also sein: Dürfen Migrationsämter «nur» wegen einer Aufenthaltsbewilligung – nicht wegen eines Delikts – so stark in die Privatsphäre eingreifen? Und reichen die gesetzlichen Bestimmungen dazu?
Scheinehe ist ein Delikt
Bignasca versteht nicht, warum die Migrationsämter überhaupt mithilfe der Polizei Wohnungskontrollen durchführen. «Wenn ein klarer Verdacht auf eine Scheinehe besteht, kann das Migrationsamt Strafanzeige einreichen», so Bignasca. Jemanden zu heiraten, nur damit diese Person eine Aufenthaltsbewilligung bekommt, kann nämlich strafbar sein – und die Polizei darf zum Beweis Hausdurchsuchungen durchführen.
Ob und wie Strafverfolgungsbehörden eine Hausdurchsuchung anordnen können, ist im Unterschied zu den ausländerrechtlichen «Wohnungskontrollen» gesetzlich klar geregelt. «Wenn die Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung anordnet, können sich die Betroffenen wehren und nach einem Freispruch eine Entschädigung verlangen», gibt Bignasca zu bedenken.
Betroffene von ausländerrechtlichen Wohnungskontrollen können das nicht. Obschon eine Wohnungskontrolle ähnlich stark in die Privatsphäre eingreift wie eine Hausdurchsuchung.