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Verhandlungsstart Schweiz-EU Schweizer Forschende temporär zu «Horizon Europe» zugelassen

Der Zugang zu einer Säule von «Horizon» sei erfreulich, die Lage extrem unsicher, sagt ETH-Ratspräsident Hengartner.

Die Verhandlungen über neue Abkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union haben am Montag offiziell begonnen. Für die Forschung bedeutet der Verhandlungsstart einen kleinen Schritt Richtung alte Normalität: Dank einer Übergangsregelung dürfen etablierte Schweizer Spitzenforscherinnen und -forscher an der Ausschreibung ERC Advanced Grants 2024 teilnehmen. Es geht um Millionenbeiträge zur Unterstützung von Forschungsprojekten. Ein Lichtblick, sagt Michael Hengartner, Präsident des ETH-Rats.

Michael Hengartner

Präsident des ETH-Rats

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Der Biochemiker und Molekularbiologe Michael Hengartner ist seit dem 1. Februar 2020 Präsident des ETH-Rats. Zuvor war er ab 2001 an der Universität Zürich tätig, wo er an die neu eingerichtete Ernst-Hadorn-Stiftungsprofessur am Institut für Molekulare Biologie berufen wurde. Von 2009 bis 2014 war er Dekan der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät. 2014 wurde er Rektor der Universität Zürich. Ab 2016 bis zu seinem Wechsel an die ETH war Hengartner auch Präsident der Rektorenkonferenz der Schweizerischen Hochschulen swissuniversities.

Michael Hengartner wurde 1966 in St. Gallen geboren und ist schweizerisch-kanadischer Doppelbürger. Aufgewachsen ist er in Québec City und studierte dort an der Université de Laval Biochemie. Er promovierte 1994 am Massachusetts Institute of Technology im Labor von Nobelpreisträger H. Robert Horvitz.

SRF News: Wie wichtig ist dieser Schritt für den Forschungsplatz Schweiz?

Michael Hengartner: Es ist ein sehr erfreulicher Schritt. Die Schweiz hat 2024 wieder Zugang zu den European Research Council Grants. Dabei können einzelne Forschende in verschiedenen Bereichen Forschungsprojekte einreichen – und die europaweit allerbesten werden mit Millionenbeträgen unterstützt.

Bedeutet das für die Forschenden, dass sie weniger isoliert sind?

Das heisst, dass sie sich wieder auf europäischem Parkett bewerben und sich im internationalen Wettbewerb behaupten können. Eine Analogie wäre, wenn etwa Skifahrer Marco Odermatt beim Weltcup wieder mitmachen dürfte, nachdem er nur gegen Schweizerinnen und Schweizer in Adelboden hätte fahren können.

Allerdings ist es ein erster Schritt. Bleibt die aktuelle Lage unsicher für die Forschenden in der Schweiz?

Die Lage ist extrem unsicher. 2024 dürfen wir bei einer der drei Säulen von Horizon Europe mitmachen. Ob das im nächsten Jahr der Fall sein wird, wissen wir noch nicht. Es ist eine Stop-and-Go-Politik der Europäischen Kommission, die gleichzeitig eine Rübe, aber auch ein Damoklesschwert über unseren Köpfen hängen lässt.

Wir hoffen, dass die Verhandlungen zügig vorwärtsgehen.

Seit drei Jahren ist die Schweiz nach dem Aus für ein Rahmenabkommen nicht mehr Teil von Horizon Europe. Welche Auswirkungen haben Sie konkret gespürt?

Viel Enttäuschung, viel Unsicherheit. Besonders bei jungen Forschenden, die sich überlegen müssen: «Wo werde ich mein Zelt aufschlagen für die nächste Zeit?» Enttäuschung spürte ich auch bei unseren Kolleginnen und Kollegen in Europa, weil sie mit uns nicht mehr so intensiv zusammenarbeiten können, wie es vorher der Fall war.

Nun also ist ein erster Schritt gemacht. Was erhoffen Sie sich in den nächsten Monaten vom Bundesrat?

Wir hoffen, dass die Verhandlungen jetzt zügig vorwärtsgehen, dass man zu einem Schluss kommt und sich Parlament und Volk so schnell wie möglich darüber aussprechen können.

Das Gespräch führte Zoe Geissler.

HeuteMorgen, 19.03.2024, 06:04 Uhr ; 

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