Rund 40 Prozent der Bevölkerung hatten im Jahr 2022 Schulden. Dies geht aus neu veröffentlichten Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervor. Pascal Pfister, Geschäftsführer der Schuldenberatung Schweiz, erklärt, was es bedeutet, wenn ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer zahlungsunfähig oder von Zahlungsrückständen betroffen ist.
SRF News: Viele verlängern beim Erhalt von Rechnungen als Erstes die Frist – beispielsweise, wenn die Steuern anstehen. Sind diese Fälle auch in den 40 Prozent einberechnet, wovon das BFS ausgeht?
Pascal Pfister: Genau. Deshalb kann man auch davon sprechen, dass es unproblematische und problematische Schulden gibt. Problematisch sind die Schulden dann, wenn man nicht genügend Mittel hat, um sie auch kurzfristig zu begleichen.
Wie gross ist das Problem der Schulden in der Schweiz?
Es ist ein unterschätztes soziales Problem. Wer einmal in die Schuldenfalle geraten ist, findet in der Schweiz sehr schwierig wieder hinaus.
Es gibt keine Möglichkeit für einen Schuldenschnitt.
Es gibt verschiedene Gründe dafür: Erstens ist das System so ausgestaltet, dass, wenn man gepfändet wird, die laufenden Steuern nicht berechnet werden. Das heisst, wenn die Pfändung abgeschlossen ist, stehen die Leute vor einem grossen Schuldenberg an Steuern. Zweitens gibt es längerfristig keine Möglichkeit, aus den Schulden auszusteigen. Privatkonkurs heisst auch, dass die Schulden weiterhin bestehen bleiben. So ist man in der Schweiz lebenslänglich verschuldet und kommt gar nicht mehr heraus.
Welche Rolle spielt das bargeldlose Zahlen, wenn es um Schulden geht?
Das kann einfacher zu einer Verschuldung führen. Zum Beispiel hat Twint die Limite erhöht, sodass man verspätet bezahlen kann. Diese Buy-now-pay-later-Angebote sind eine Schuldenfalle, wenn man das Budget nicht im Griff hat.
Das Wichtigste ist, sich ein Budget zu erstellen.
Keine Kreditkarte, kein Paypal oder Twint – nur ein Bankkonto und Bargeldbezug. Würde es helfen, wenn man auf bargeldloses Zahlen verzichtet?
Das kann tatsächlich helfen. Es ist vor allem wichtig, dass man weiss, wofür man das Geld ausgibt und wie viel man zur Verfügung hat. Das Wichtigste ist, sich ein Budget zu erstellen. Dann sieht man, wie viel Geld man für den Haushalt pro Monat zur Verfügung hat und kann es kontrollieren. Natürlich kann man auch den Bankauszug der Kreditkartenrechnung anschauen, aber es ist einfacher mit Bargeld. Wenn es aufgebraucht ist, ist es aufgebraucht.
Machen sich viele Menschen ein Budget?
Wenn Sie in Ihrem Umfeld fragen, wer wirklich die Übersicht hat, wie viel Geld er wofür ausgibt, dann ist das wahrscheinlich nicht die Mehrheit der Leute. Das wäre aber etwas, was sich lohnt. So hat man mehr Kontrolle über Ein- und Ausgaben.
Was empfehlen Sie, um nicht in die Schuldenfalle zu geraten?
Erstens kann man ein Budget erstellen und zweitens abklären, ob man Ansprüche hat – zum Beispiel auf Prämienverbilligungen. Viele Leute holen diese nicht ab, weil sie nichts davon wissen oder weil sie es einfach nicht tun.
Das Gespräch führte Reena Thelly.