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Bündner Bauern halten weniger Schafe
Aus Regionaljournal Graubünden vom 01.06.2023. Bild: Keystone/Gian Ehrenzeller
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Viele Betriebe betroffen Wegen Wolf: Bündner Bauern machen sich Sorgen um die Zukunft

Grossraubtiere schlagen bei Bündner Landwirtschaftsbetrieben auf Gemüt und Portmonee. Doch es wird gehandelt.

Im Kanton Graubünden leben immer mehr Wölfe. Aber wie stark setzen Grossraubtiere den Landwirtschaftsbetrieben zu? Mit einer Onlineumfrage wollte die Bündner Regierung dies herausfinden. Das Fazit: Man will die Land- und Alpwirtschaft nicht aufgeben. Das Bewirtschaften von Kulturlandschaft sei ein wichtiges Kulturgut und zudem eine wichtige Einkommensgrundlage.

Anders gesagt: Die Präsenz des Wolfs nimmt zu, doch vertreiben lassen wollen sich die Betriebe nicht. Es soll vielmehr ein Anpassen an die Gegebenheiten sein, heisst es in der Auswertung des Berichts.

Schaf- und Ziegenhaltung besonders betroffen

Laut eigenen Angaben sind im Kanton Graubünden drei Viertel aller Betriebe von Grossraubtieren – hauptsächlich Wölfen – betroffen. Auf der Alp werden oftmals Nutztiere wie Schafe oder Ziegen angegriffen oder gar gerissen.

Viele Wölfe, einige Luchse und kaum Bären

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Gemäss dem Bündner Amt für Jagd und Fischerei leben aktuell zehn Wolfsrudel sowie zwei weitere Rudel an der Kantonsgrenze und im angrenzenden Kanton bzw. Ausland. Auf Ende Jahr 2022 wurde der Bestand auf mindestens 94 Wölfe geschätzt.

Vor allem in der Surselva im Nordwesten des Kantons leben 15 selbständige Luchse. Diese Zahl wurde 2021 geschätzt. Einzelne Luchse könnten zudem im Prättigau, in Mittelbünden oder in Südtälern leben.

Kaum sesshaft im Kanton Graubünden werden Bären. Aktuell sind keine bekannt, allerdings durchqueren regelmässig im Trentino heimische Bären das Kantonsgebiet.

In urbaneren Gebieten, wo meistens die Heimbetriebe der Bäuerinnen und Bauern liegen, melden diese Sichtungen und auffälliges Verhalten von Tieren. Schaf- und Ziegenhaltung ist gemäss Bericht des Kantons besonders betroffen. Diese Tiere werden auffallend weniger gehalten und im Sommer weniger auf die Alp gebracht.

In Nordbünden oder in der Surselva, wo schon länger Wolfsrudel leben, ging die Haltung von Schafen um etwa 15 Prozent zurück. Das betreffe vor allem kleinere Betriebe, sagt der zuständige Regierungsrat Marcus Caduff: «Bei kleinere Beständen ist der Aufwand betreffend Herdenschutz verhältnismässig schnell zu gross. Da überlegt sich einer schnell, den Betrieb aufzugeben.»

Sich der Herausforderung stellen

Weniger Tiere zu halten oder ganz auf die Sömmerung zu verzichten, komme für die allermeisten Bäuerinnen und Bauern aber nicht infrage. Die Umfrage zeige die Anpassungsfähigkeit der Landwirte: Schafe und Ziegen werden nicht mehr frei, sondern eingezäunt gehalten. Oder die Halter holen die Tiere nachts in den Stall. Man stelle sich den Herausforderungen, indem man eben die Produktion oder Abläufe umstellt, in den Herdenschutz investiert oder die Beweidung der Alpen neu organisiert.

Schafe auf einer Alp
Legende: Diese Schafe sind oberhalb von Fläsch (GR) unterwegs. Die idyllische Bergwelt trügt: Der Wolf streift herum durch den Kanton Graubünden. Keystone/Gian Ehrenzeller

Der Alpsommer könnte trotz alledem immer öfter infrage gestellt werden, wenn die Wolfspopulation immer mehr zunimmt. Laut Peter Küchler, dem Direktor des landwirtschaftlichen Ausbildungszentrums Plantahof in Landquart, stosse auch der Herdenschutz immer mehr an seine Grenzen. Aktuell leben zwölf Rudel im Kanton.

Trotz der Herausforderungen durch die Wolfspräsenz ist die allgemeine Stimmung gemäss der Umfrage in der Bündner Land- und Alpwirtschaft positiv: Weit über 90 Prozent der Landwirte und Älplerinnen gab an, dass ihnen die Arbeit Freude mache. Aber: Mehr als 80 Prozent gaben auch an, Sorgen um die Zukunft zu haben.

Wolf vertreibt auch Personal

Hinzu kommen Mehraufwände und Ängste, sagt Daniel Buschauer, Leiter des Amtes für Landwirtschaft und Geoinformation, zur Nachrichtenagentur «Keystone-SDA». Ein Drittel des Personals auf den Bündner Alpen kommt heuer nicht wieder. Ein triftiger Grund sei dabei der Mehraufwand aufgrund der Rissgefahr durch die Grossraubtiere und Erlebnisse im Zusammenhang mit dem Wolf.

Die grösste Herausforderung der Alpbetriebe bleibe jedoch Klimawandel. In den letzten fünf Jahren hätten die Betreiber massiv in die Infrastruktur der Wasserversorgung investieren müssen, so Buschauer.

Näheres zur Onlineumfrage

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Am Ursprung stand ein Fraktionsauftrag der Mitte im Grossen Rat aus dem Jahr 2022. Der Titel: «Auswirkungen der Präsenz von Grossraubtieren auf die Landwirtschaft.» Sämtliche Landwirtschafts- und Sömmerungsbetriebe im Kanton Graubünden konnten sich in der Umfrage äussern.

1066 Landwirtschaftsbetriebe äusserten sich, was einem Rücklauf von 57 Prozent entspricht. Hinzu kommen 45 Prozent Rücklauf bei den Sömmerungsbetrieben. Dort ist die Rücklaufquote tiefer, da Alpmeister oft für mehrere Alpen zuständig sind und den Fragebogen somit mehrmals erhalten haben. Gemessen an der Zahl der Alpmeister liegt der Rücklauf bei 66 Prozent.

Die Umfrage kostete 70'000 Franken. Gemäss Regierungsrat Marcus Caduff soll diese nun in regelmässigen Abständen stattfinden.

Regionaljournal Ostschweiz und Graubünden, 01.06.2023, 12:03 Uhr;

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