Ein versteinerter Schildkrötenpanzer, Ammoniten, Seesterne, Seeigel, Korallen: So hat es angefangen, vor 200 Jahren. Der Lehrer Franz Joseph Hugi hat der Stadt Solothurn seine private geologische Sammlung übergeben. Dafür stellte sie ihn als Betreuer an. Die Auflage: Die Sammlung sollte einmal in der Woche zugänglich sein. Das Naturmuseum Solothurn war gegründet, als eines der ersten der Schweiz 1825.
Das Naturmuseum war in Schulräumen des Waisenhauses der Stadt Solothurn eingerichtet. Die Räume waren überfüllt, die Gestelle vollgepackt, Beschriftungen rar. Die Sammlung habe zu Beginn vor allem Versteinerungen enthalten, sagt der heutige Leiter des Naturmuseum Solothurn, Thomas Briner.
Wissenschaftlich war das Naturmuseum Solothurn vorne mit dabei. Bei der Gründung 1825 sei Darwins Evolutionstheorie noch nicht veröffentlicht gewesen, gibt Briner zu bedenken: «Dass es schon Leute gehabt hat, die sich überlegt haben, dass Fossilien etwas Besonderes sind, ist bemerkenswert.»
Für den Gründer stand die Forschung im Zentrum: «Franz Joseph Hugi ist die Öffentlichkeit eher ein bisschen lästig gewesen. Dass man ihn verdonnert hat, das Museum wöchentlich einmal aufzumachen, war ihm sicher nicht das liebste», sagt Museumsleiter Thomas Briner.
Dies hat sich nicht so schnell geändert. Zwar zog das Naturmuseum Solothurn 1902 in das neue «Haus der Kunst und Wissenschaft», das heutige Kunstmuseum, und war fortan öfter geöffnet, doch auch hier waren die meisten Ausstellungsstücke nicht einmal beschriftet.
Kinder machen Ausstellung kaputt?
Und: Kinder waren auch jetzt nicht wirklich willkommen. Dies wisse man aus Protokollen des Museums, erläutert Thomas Briner. Der Hauswart habe sich regelmässig über die Kinder im Museum beklagt, etwa, dass sie den Objekten nicht Sorge getragen hätten. «Eigentlich wollte man die Kinder eher nicht im Museum.» Schliesslich wurde der Besuch von Kindern eingeschränkt.
Dabei hätte es viel Spektakuläres zum Anschauen gegeben. Anfang 20. Jahrhundert begann nämlich die Zeit der Exoten: Im Naturmuseum Solothurn konnten Löwen bestaunt werden, daneben Giraffe, Zebra, Okapi, ein Strauss, zahlreiche farbige Vögel – und ein Eisbär.
Diesen hat eine Gruppe reicher Solothurner von einer Schifffahrt mitgebracht, erzählt Museumsleiter Briner. Die Gruppe reiste von Hamburg, über Spitzbergen nach Amerika und brachte rund 40 Tiere von der Reise zurück ins Museum, neben dem Eisbären auch einen Polarfuchs und verschiedene Vögel.
Neben den exotischen Tieren wurde nun auch das Abnormale zur Attraktion. Im Museum konnten ein ausgestopftes einäugiges Zicklein, ein doppelköpfiges Kalb und verschiedene Albinos bestaunt werden. «Man hat diese bewusst gesammelt, weil sie nicht dem Normalen in der Natur entsprochen haben. Das ist für die Leute sehr faszinierend gewesen.»
1980 begann im Naturmuseum Solothurn die Gegenwart: «Der Stil wurde anders, plötzlich kommt die Vermittlung rein», sagt Thomas Briner. Seither verzichte das Museum darauf, die ganze Welt zeigen zu wollen. «Wir haben es wieder auf die einheimischen Tiere beschränkt. Diese stehen aber auch symbolisch für eine Entwicklung, zum Beispiel in der Umwelt.»
Anders als früher sind die Kinder nicht aus den heutigen Naturmuseen wegzudenken, so auch in Solothurn. 55'000 Besucherinnen und Besucher hatte das Museum 2024, die Hälfte davon Kinder. Verschiedene Objekte dürfen sie auch anfassen, zum Beispiel die zwei Braunbären beim Eingang des Museums. Klagen des Hauswarts gibt es deswegen heute keine mehr.