«Die Luzernerinnen und Luzerner, in Verantwortung vor Gott, gegenüber den Mitmenschen und der Natur und im Bestreben, Luzern als starken Kanton weiterzuentwickeln, geben sich folgende Verfassung.» Dieser Satz steht ganz zu Beginn der Verfassung des Kantons Luzern.
Unsere Verfassung soll auf demokratischen Werten beruhen und nicht auf dem Glauben eines Teils der Bevölkerung.
Für den grünen Kantonsrat Samuel Zbinden ist dieser Satz der sprichwörtliche Stein des Anstosses. Gott gehöre aus der Verfassung gestrichen, betont der Luzerner. «Unsere Verfassung soll auf demokratischen Werten beruhen und nicht auf dem Glauben von einem Teil der Bevölkerung. Darum habe ich eine Motion eingereicht.» Zbindens Vorstoss fordert, dass die Verfassung gegenüber allen Glaubensrichtungen und Religionsgemeinschaften neutral formuliert wird.
Die Mehrheit der Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons Luzern geben nach wie vor an, katholisch zu sein. Das geht aus einer Erhebung des Bundesamtes für Statistik ( BFS ) hervor. Dies ist Zbinden bewusst, doch er sagt: «Der Anteil der Menschen, die an Gott glauben und in einer Kirche sind, nimmt auch in Luzern immer mehr ab. Die Verfassung muss aber für alle gelten, darum ist der Vorstoss wichtig.»
Rund 57 Prozent der Luzerner Bevölkerung sind katholisch, etwa 9 Prozent reformiert. Trotzdem signalisiert auch Christian Ineichen, Parteipräsident der Mitte Luzern, Gesprächsbereitschaft. Ausgerechnet diejenige Partei, welche bis vor kurzem als CVP «christlich» sogar im Namen getragen hat.
Es sei klar, dass ein solches Vorhaben in seiner Partei sehr ambivalent diskutiert werden wird, sagt Ineichen. «Die einen können sich das sehr gut vorstellen, die anderen sind sehr pessimistisch. Meine persönliche Haltung ist, dass man sich dieser Diskussion stellen soll. Denn ich bin der Meinung, dass es in der Politik nur ganz wenige Themen gibt, die nicht diskussionswürdig sind.»
Meine persönliche Haltung ist, dass man sich dieser Diskussion stellen soll.
Die Zahl der Kirchenaustritte steigt seit Jahrzehnten, da bildet auch der Kanton Luzern keine Ausnahme. Den Text der Verfassung umzuschreiben, sei allein aber noch kein Zeichen für sinkende Religiosität, betont Religionswissenschaftler Andreas Tunger. «Ich würde nicht behaupten, dass die Bevölkerung insgesamt weniger religiös wird. Aber es ist sicher so, dass sich der Glaube transformiert und diffuser wird», erklärt Tunger, der an der Universität Luzern das Zentrum für Religionsforschung leitet.
Vergangene Abstimmung bestärkt Motionär
Auftrieb hat dem Anliegen von Grünen-Kantonsrat Samuel Zbinden die Abstimmung vor knapp drei Wochen gegeben. Am 25. September schlug die Luzerner Bevölkerung eine finanzielle Beteiligung am Neubau der Kaserne der Päpstlichen Schweizergarde aus. In keiner einzigen der 80 Gemeinden reichte es für ein Ja zum Beitrag über 400'000 Franken an den Vatikan.
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Das wuchtige Nein mit über 70 Prozent der Stimmen habe ihn zusätzlich bestärkt, einen Vorstoss einzureichen, gibt Zbinden zu. «Das ist für mich doch ein Zeichen, dass auch Luzern langsam säkularer wird.»
Ob Gott tatsächlich aus der Verfassung des Kantons Luzern gestrichen wird, muss das Parlament entscheiden.