- Die Mutter eines IS-Kämpfers aus Genf hat ihren 2015 nach Syrien ausgereisten Sohn vor dem Bundesstrafgericht voll und ganz in Schutz genommen.
- Die Frau und ihr Ehemann schickten ihrem Sohn Geld und sind wegen Verstosses gegen das Al-Kaida-/IS-Gesetz angeklagt.
- Der Mann erschien aus gesundheitlichen Gründen nicht vor Gericht.
Vor der Strafkammer stand eine Frau im Alter von 60 Jahren. Sie hatte keine Ausbildung absolviert und im Hotelgewerbe gearbeitet, bevor sie nach einem Unfall eine volle Invaliden-Rente erhielt. Die Beziehung zu ihren drei Söhnen, einschliesslich des nach Syrien ausgereisten Sohnes, bezeichnete sie als «ausgezeichnet».
Im Jahr 2015 habe ihr Sohn erklärt, dass er in den Urlaub fahren wolle und «eingeladen» sei. Seine Mutter hatte gemäss ihren Aussagen damals keine Veränderung in seinem Verhalten festgestellt, ausser dass er kein Schweinefleisch mehr ass und in die Moschee ging.
Sie gab an, von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bis dahin nichts gewusst zu haben. Es sei ihr lediglich bekannt gewesen, dass in Syrien ein Bürgerkrieg tobte.
Anfänglich hätten Mutter und Sohn regelmässig telefoniert, später immer seltener. Nach einer gewissen Zeit habe der Sohn gesagt, dass er nach Hause kommen wolle – zusammen mit seiner Frau und der gemeinsamen Tochter.
Kämpfer des IS
Der Gerichtspräsident konfrontierte die Frau mit Abschriften von Mitteilungen, in denen der Sohn davon spricht, sich in der Schweiz in die Luft zu sprengen. Er zeigte ihr auch Fotos, auf denen der Sohn bewaffnet als IS-Kämpfer posiert. Nach Ansicht der Angeklagten ist er dazu gezwungen worden.
Angesprochen auf die Zahlungen von insgesamt mehr als 50'000 Franken zwischen 2016 und 2019, beharrte die Mutter darauf, dass sie ihren Sohn habe unterstützen wollen und nicht Syrien oder den Krieg.
«Ich wollte, dass er gehen kann, zusammen mit seiner Frau und dem Baby.» Zu diesem Zweck sollen die letzten Zahlungen von rund 40'000 Franken getätigt worden sein, als der Sohn und seine Familie in kurdischer Gefangenschaft waren.
Die Frau zeigte sich überzeugt davon, dass es sich beim Foto ihres Sohnes als IS-Kämpfer um eine Fälschung handelt. Ihr Sohn könne nichts Böses tun, er sei sanftmütig. Sie könne niemals anerkennen, dass er ein Terrorist sei.
Er sei gegen seinen Willen nach Syrien gegangen. «Sie müssen ihm gedroht haben, mir etwas anzutun.» Sie kam zu dem Schluss, dass ihr Sohn ohne ihr Geld getötet worden wäre.
Geldübermittlerin befragt
Das Gericht befragte zudem eine Frau, die im Mai 2017 einen Briefumschlag mit 3000 Franken ausgehändigt erhielt. Die Zeugin bestätigte dem Gericht, dass ihr das angeklagte Ehepaar den Umschlag am Bahnhof von Payerne VD übergeben hatte.
Sie habe da mitgemacht, um jemandem behilflich zu sein und ohne zu wissen, worum es eigentlich ging. Die Frau wollte jedoch nicht sagen, wem sie damit einen Dienst erwies. Sie sagte, sie habe Angst um sich und ihre Familie.
Die Strafkammer muss nun klären, ob der Vater, der angeblich unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, zur Anhörung vorgeladen werden kann. Danach kann das Verfahren gegen beide Elternteile fortgesetzt werden. Gegen den Sohn, der sich noch im Ausland aufhält, wird ebenfalls ein Verfahren eröffnet.