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Waffen für die Ukraine Schweiz blockiert Panzer für Ukraine

Die Schweiz verhindert die Ausfuhr dänischer Schützenpanzer in die Ukraine. Doch jetzt gerät der Bundesrat unter Druck.

Sie sind massiv gepanzert, sollen Soldaten Schutz bieten im Gefecht und stammen aus der Schweiz: Die Radschützenpanzer von Typ Piranha III. Die dänische Regierung will rund 20 ihrer ursprünglichen Flotte als Waffenhilfe an die Ukraine abtreten.

Panzer mit Soldaten
Legende: Ein Piranha IIIC (Symbolbild). imago images

Recherchen zeigen: Die dänischen Behörden haben das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft Seco offiziell um Erlaubnis gebeten – und sind abgeblitzt: Das Seco hat das Gesuch vor wenigen Tagen abgelehnt, wie die Behörde gegenüber der SRF-«Rundschau» bestätigt.

Ohne Schweiz keine Waffenhilfe

Ohne die Bewilligung aus Bern wird nichts aus der Hilfe für die Ukraine: Dänemark hatte sich nämlich beim Kauf der Panzer verpflichtet, das Kriegsgerät nur mit Erlaubnis der Schweiz weiterzugeben.

Das Veto gegen den Piranha-Export weckt Erinnerungen an den Streit um deutsche Panzermunition. Anfang April bereits hatte das Seco Deutschland die Weitergabe von Munition für den Gepard-Panzer an die Ukraine verweigert. Wie bei der Munition begründet das Seco sein Nein auch im Fall der dänischen Piranha-Panzer mit der Neutralität und dem Kriegsmaterialgesetz. Dieses verbietet die Ausfuhr von Rüstungsgütern in kriegsführende Länder.

Habeck mahnt Bundesrat

Ob die Schweiz bei ihrer restriktiven Haltung bleibt, ist allerdings offen. Der Druck aus dem Ausland steigt. Deutschlands Vizekanzler Robert Habeck hatte letzte Woche am WEF eindringlich gemahnt, er wünsche sich «maximale Unterstützung» für die Ukraine.

Auch Deutschland habe vor dem russischen Angriff auf die Ukraine Waffenexporte an kriegsführende Länder ausgeschlossen. Er und seine Partei, die Grünen, hätten ihre Meinung geändert: «Wir müssen unsere eigene Haltung an der Wirklichkeit messen», so Habeck. Wie die «Rundschau» weiss, hat der Vizekanzler seinen Worten Taten folgen lassen: Deutschlands Regierung hat den Bundesrat um ein Rückkommen auf das Schweizer Nein zum Munitionsexport gebeten.

Kehrtwende diesen Freitag?

Recherchen zeigen: Der Bundesrat wird diesen oder nächsten Freitag darüber befinden. In der Bundesverwaltung und im Parlament gibt es Stimmen, die im Kriegsmaterialgesetz durchaus Spielraum sehen: Die Schweiz könne europäischen Staaten die Weitergabe von Schweizer Rüstungsmaterial unter bestimmten Bedingungen sehr wohl erlauben.

Für eine solche, grosszügigere Auslegung sind Mitte-Politiker wie Ständerat Pirmin Bischof: «Der Bundesrat soll jetzt aktiv werden und seine Praxis korrigieren», sagt der Präsident der aussenpolitischen Kommission. Auch die grünliberale Fraktionschefin Tiana Moser wünscht sich einen Kurswechsel. Schliesslich gehe es nicht um direkte Waffenexporte, sondern um Waffen, die die Schweiz bereits an befreundete Demokratien verkauft habe: «Diese Waffen würden weitergegeben an ein Land, das sich gegen einen Aggressor verteidigt.»

Entscheid mit Signalwirkung

Einen Kurswechsel verhindern wollen hingegen Politikerinnen und Politiker aus den Polparteien. Der Bundesrat dürfe nicht von seiner heutigen Praxis abkommen, heisst es aus der SVP. Und Grünen-Präsident Balthasar Glättli sieht die Neutralität in Gefahr. Er warnt vor einem Richtungswechsel: «Die bisherige Praxis ist breit abgestützt. Der Bundesrat darf sich davon nicht einfach hinter den Kulissen verabschieden, ohne das Parlament zu fragen.»

Der Bundesrats-Entscheid wird Präjudiz-Charakter haben: Stimmt die Landesregierung dem deutschen Munitionsexport zu, so könnte auch Dänemark einen erneuten Antrag auf die Ausfuhr der Piranha-Panzer stellen.

SRF Rundschau, 01.06.2022, 20:05 Uhr

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