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Was Bauern und Grüne trennt – und was sie verbindet
Aus SRF 4 News aktuell vom 21.10.2019.
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Klimawahl und Bauernfrage Werden die Bauern jetzt auf grün getrimmt?

Machtzuwachs in der Agrarpolitik: Die grünen Parteien gehen gestärkt in den Kampf für eine ökologische Landwirtschaft.

Die Klimawahl hat in der Schweizer Parteienlandschaft einiges durcheinandergebracht und vermeintliche Gesetzmässigkeiten in Frage gestellt. Eine davon: Die Landwirtschaftspolitik ist Sache der konservativen Traditionsparteien. Grün darf mitreden, aber nicht mitentscheiden.

In der neuen Zusammensetzung des Parlaments könnte sich das ändern. GLP und Grüne stellen zusammen fast einen Viertel des Nationalrats. Die konservative Hausmacht der Bauern-Lobby bröckelt gewaltig.

Kühe weiden
Legende: SVP, CVP und BDP, aber auch die FDP haben unter dem Strich deutlich weniger Sitze im Nationalrat. Sie alle stimmen meist im Interesse des Bauernverbandes. Keystone

Markus Ritter ist CVP-Nationalrat und Präsident des Bauernverbands. Seit Jahren gehört er zu den gewieftesten Lobbyisten in eigener Sache unter der Bundeshauskuppel. Hatte er nach dem Wahlsonntag eine schlaflose Nacht? «Mir sind viele Gedanken durch den Kopf gegangen. Mich hat beschäftigt, wie sich das Wahlresultat auf die Diskussionen in den Kommissionen auswirken wird.»

Ich zähle gerade die Grünen nicht nur zu den Kritikern der Landwirtschaft. Es wurden auch viele Leute gewählt, die ihr nahestehen.
Autor: Markus RitterPräsident des Bauernverbands und CVP-Nationalrat

Denn dort wird grün künftig stärker vertreten sein – und für Nachhaltigkeit, Biodiversität und einen schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen weibeln. Urs Schneider, Vizedirektor des Bauernverbands, sagte letzte Woche in der NZZ: «Wechseln nur zehn Stimmen zu den Kritikern der Bauern, wird es sehr knapp bis unmöglich, Mehrheiten für unsere Anliegen zu gewinnen.»

 Kathrin Bertschy (GLP/BE) und Markus Ritter während der Debatte zur Pestizid-Initiative.
Legende: Dass die Ökoparteien und die Bauern das Heu nicht immer auf der gleichen Bühne haben, wurde in der Sommersession deutlich: Kathrin Bertschy (GLP/BE) und Markus Ritter während der Debatte zur Pestizid-Initiative. Keystone

Ritter relativiert: «Ich zähle gerade die Grünen nicht nur zu den Kritikern der Landwirtschaft. Es wurden auch viele Leute gewählt, die ihr nahestehen.» Es werde spannende Diskussionen um Mehrheiten und Lösungen geben, blickt der höchste Bauer voraus.

Aber gibt es überhaupt einen Widerspruch zwischen ökologischer und traditioneller Landwirtschaft? «Wir haben nichts gegen eine ökologische Landwirtschaft. Uns ist aber wichtig, dass ökologisch hergestellte Produkte auch verkauft werden können», sagt Ritter. Er fordert: Die Politik darf keine Rahmenbedingungen festlegen, die dazu führen, dass die Bauern am Markt vorbei produzieren.

Ritter posiert mit Traktor und Milchkannen
Legende: Unter den Landwirten selbst seien die Gräben zwischen Biobauern und traditionellen Bauern überbrückt, sagt Ritter. Vermeintlicher Beleg davon: Der Bauernpräsident – also er selbst – sei Biobauer. Keystone

Grundsätzlich sagt Ritter: «Wer keine Kompromisse machen kann, der bleibt alleine.» Diese Kompromissbereitschaft könnte in den anstehenden Debatten strapaziert werden. Mit der Agrarreform sollen Subventionen verstärkt nach ökologischen Kriterien ausbezahlt werden. Der Bauernverband kämpfte bislang dagegen an.

Dunkle Wolken am Horizont

Weiteres Ungemach steht den Bauern mit der Pestizidinitiative ins Haus. Diese fordert ein Verbot von synthetischen Pestiziden. Der Bauernverband bekämpft die Initiative – wie auch die Trinkwasser-Initiative – vehement. Er hat sich kürzlich aber beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bewegt.

Der Bundesrat verfolge in einem Aktionsplan das Ziel, bis 2030 die Risiken von Pflanzenschutzmitteln zu halbieren, erklärt Ritter. Im Ständerat sei eine entsprechende Gesetzesvorlage in Arbeit: «Liegt sie im Rahmen des Bundesratsvorschlags, werden wir sie mittragen. Ich denke, das wird auch mit dem neuen Parlament eine tragfähige Lösung sein.»

Neue Allianzen?

Schliesslich gibt es auch gemeinsame Interessen zwischen den Grünen und den Bauern – etwa beim Freihandel und Gentechprodukten. «Diesbezüglich wurde die Position des Bauernverbands nun sogar deutlich gestärkt», sagt Ritter.

JSA 2018 im Ständerat.
Legende: Wechselnde Allianzen ist sich Ritter gewohnt: Beim Thema Freihandel lieferte er sich letztes Jahr einen Machtkampf mit dem abtretenden Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Keystone

In der neuen Zusammensetzung des Parlaments könne Nachhaltigkeit bei Handelsverträgen stärker eingefordert werden, glaubt der St. Galler Nationalrat. Zudem hätten die Grünen in der Vergangenheit etwa auch die Swissness-Gesetzgebung mitgetragen.

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29 Kommentare

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  • Kommentar von Arnold Vass  (Captain Planet)
    Hier mal ein paar Fakten ( vom Umweltbundesamt DE, alle Angaben in Milliarden Hektar):
    Landoberfläche der Welt 13.4
    Städte, Infrastruktur 0.2
    Unland 4.3
    Waldfläche 3.9
    Agrarfläche 5.0
    Agrarfläche in der Schweiz: 35.9% der Landesfläche
    Wer will mir jetzt weissmachen, dass nicht die Landwirtschaft an der Klimaerwärmung schuld ist?
    Der Boden wird durch die intensive Nutzung zerstört, was direkten Einfluss auf den Treibhauseffekt und somit die Globale Erwärmung hat.
    Schützt unsere Böden
  • Kommentar von Ulrich Thomet  (UTW)
    Zitat A. Keller: "Alle Rinder sollen auf die grüne Wiese und nicht im Stall eingesperrt werden."
    Das wird gemacht. Nennt sich Wiesenmilch, Weidebeef oder Weidefleisch. Absolute Nischenprodukt. Beim Weidebeef wurden wegen tiefer Nachfrage Abnahmeverträge gekündigt.
    Die Konsumenten wollen die Wahlfreiheit und die Wahl ist in diesem Fall nicht tierfreundlich grün.
  • Kommentar von Martin Meier  (M.Meier)
    Wieviele grüne Bauern gibt es denn im Parlament?
    Irgendwie ironisch, nicht, dass die Grünen in der Stadt wohnen mit allem Luxus, und jene die wirklich grün leben, nämlich die BAuern, wohl kaum grün wählen.
    1. Antwort von Vera Kehrli  (Vera Kehrli)
      In welcher Scheinwelt leben Sie den? In einer Welt wo Bauern kein Antibiotika einsetzen, Tiere sorgfältig transportiert werden und noch ins Freie können? Die Realität ist leider oft anders.
    2. Antwort von Urs Vetterli ,
      Grün ist leider nicht gleich grün. Das Grün in vielen Stadtgärten bietet mittlerweile mehr Lebensqualität für unzählige Tierarten, als die monotonen, giftbehandelten und ausgeräumten Landschaften, welche sie als grün bezeichnen. Zählen sie mal die Vogelarten, die noch auf den Feldern leben. Nach Rabenkrähe, Feldsperling, Turmfalke hörts an den meisten Orten schnell auf. Da müssen wir schnell gemeinsam Lösungen finden, dass der Artenschwund nicht noch weiter voranschreitet.