Zum Inhalt springen

Wahllisten für den Nationalrat Kantone melden Kandidaten-Rekord

Im Herbst wählt die Schweiz. In den ersten Kantonen ist die Frist zur Einreichung der Listen abgelaufen. Bern, Aargau und Graubünden melden neue Rekorde.

Bis gestern mussten in den ersten Kantonen alle Listen mit Kandidierenden für den Nationalrat eingereicht werden. Heute veröffentlichen die drei Kantone Bern, Graubünden und Aargau die sogenannten Wahlvorschläge. Dabei ist ein klarer Trend ersichtlich: Es gibt überall mehr Kandidierende und mehr Listen.

In Graubünden wollen 30 Personen mehr in den Nationalrat als noch im Jahre 2015. Im Kanton Bern wächst die Zahl um 84 und im Kanton Aargau lassen 208 Kandidierende mehr ihren Namen auf eine der vielen Listen setzen. Die Wählerinnen und Wähler werden also die Qual der Wahl haben.

Diese neuen Zahlen reihen sich in die Entwicklung der letzten Jahre ein – seit 2003 wollen immer mehr Leute auf immer mehr Listen den Schritt ins Parlament wagen.

Michael Herrmann forscht auf dem Gebiet der Politgeografie und findet eine Erklärung für den Anstieg in der Veränderung der Medienlandschaft. «Die national ausgerichteten Medien werden immer dominanter», sagt er. Politikerinnen und Politiker aus dem Bundeshaus würden häufiger auch zu regionalen Themen befragt. Das steigert gemäss Hermann die Attraktivität der Bundespolitik.

Mehr Stimmen dank mehr Listen

Nicht nur die Anzahl Kandidierender ist in den drei Kantonen markant gestiegen. Sie verteilen sich auch auf immer mehr Listen. Auffällig ist vor allem die CVP im Kanton Aargau mit neun Listen. Marianne Binder-Keller präsidiert die Kantonalpartei und kandidiert auf der Hauptliste für den Nationalrat. Sie gibt zu: «Wir wollen den Wähleranteil wieder steigern.» Dieses Vorgehen sei unter anderem erfolgsorientiert.

Dank mehrerer Unterlisten können mehr Bevölkerungsschichten erreicht werden. Es bestehen aber auch Risiken. Hermann weist darauf hin, dass diese Strategie zu Unübersichtlichkeit führe. «Für die Wählenden ist es dann immer schwieriger, sich zu orientieren. Und die Gefahr ist gross, dass sie Leute wählen, die gar keine Wahlchancen haben.»

Der «Smartvote-Effekt»

Oftmals passiere dies auch wegen des «Smartvote-Effekts», wie es Politgeograf Hermann ausdrückt. Smartvote ist eine Plattform, auf der Wählerinnen und Wähler einen Fragebogen ausfüllen. Aufgrund der Antworten findet das System dann die Politikerin oder den Politiker, die einem am nächsten stehen.

Bei den letzten Wahlen haben rund 20 Prozent der Wählenden die Plattform genutzt. Je mehr Kandidierende eine Partei habe, desto eher gebe es jemanden, der mit dem eigenen Smartvote-Profil übereinstimme, erklärt Hermann. Wahlchancen werden dabei nicht einberechnet.

Mehr politische Partizipation

Die CVP-Politikerin Binder-Keller vertraut in ihre Wähler und glaubt nicht an eine Überforderung. Sie sieht zudem noch einen anderen Vorteil in dem bunten Strauss von Listen. Dadurch werde die Beteiligung am politischen Prozess gesteigert und vor allem junge Menschen könnten mehr eingebunden werden.

Auffällig ist auch, dass in den drei Kantonen so viele Frauen wie noch nie kandidieren. Nach Jahren der Untervertretung im Parlament versuchen also immer mehr Frauen, ihre Stimme in der nationalen Politik einzubringen.

Die Frist für die Einreichung der Listen ist von Kanton zu Kanton verschieden. Bis Ende August müssen dann aber alle Parteien ihre Kandidierenden und Listen präsentieren.

Meistgelesene Artikel