Barbara wiegt heute etwas mehr als 60 Kilogramm. Sie ist ihr starkes Übergewicht losgeworden. Trotz Trennkost, Kalorienzählen und viel Bewegung ist es der 50-Jährigen lange nicht gelungen, ihr Gewicht nachhaltig zu reduzieren. Ihr hat am Ende die Abnehmspritze geholfen. Das verschreibungspflichtige Medikament kann eine Unterstützung sein, um Gewicht zu verlieren.
Derzeit nimmt Barbara die Abnehmspritze – auf Kosten der Allgemeinheit. Seit März 2024 übernimmt die Krankenkasse die Kosten für die Abnehmspritze unter gewissen Bedingungen.
Eine halbe Prämie pro Person
Es zeigt sich: Seit das Präparat Wegovy mit dem Wirkstoff Semaglutid von der Grundversicherung übernommen wird, steigen die Bezüge stark an. Laut dem Krankenkassenverband Prio Swiss gab es in den ersten Monaten nach Markteinführung ein steiles Mengenwachstum bei Wegovy.
So hätte alleine das Medikament von Novo Nordisk im letzten Jahr Kosten in der Höhe von 43 Millionen Franken verursacht. Rund 40’000 Personen hätten das Medikament Ende 2024 demnach via Grundversicherung bezogen.
Wachstum hält weiter an
Laut dem Bundesamt für Gesundheit wurden im Jahr 2024 knapp eine Viertelmillion Monatsdosen über die Krankenkasse vergütet. In den ersten drei Monaten dieses Jahres waren es bereits 120’000 Packungen. Also bereits die Hälfte dessen, was im vergangenen Jahr gezählt wurde.
Mittelfristig ist es möglich, dass die Kosten für Wegovy jährlich 300 Millionen Franken betragen.
Der Sprecher des Krankenkassenverbands, Adrien Kay, rechnet damit, dass sich diese Menge künftig vervielfachen wird: «Mittelfristig wäre es möglich, dass zwei Prozent der Erwachsenen Bevölkerung Wegovy erhält, und in diesem Fall würden allein die durch dieses Medikament verursachten Kosten 300 Millionen Franken betragen.»
Lebenslange Medikamente fürs Schlanksein?
Erste Studien zeigen, dass Patienten und Patientinnen wieder zunehmen, wenn sie das Medikament absetzen. Dazu sagt Adrien Kay: «Daten weisen darauf hin, dass man möglicherweise sogar mehr zunimmt, als man am Anfang gewogen hat.»
Für den Spezialisten Philipp Gerber, Leiter des Adipositaszentrums am Universitätsspital Zürich, ist das typisch für chronische Erkrankungen: «Bei vielen Medikamenten ist es normal, dass der Effekt aufhört, wenn man sie nicht mehr nimmt. Blutdruck- oder Cholesterinsenker wirken auch nur so lange, wie man sie einnimmt. Adipositas verstehen wir als chronische Krankheit, die deshalb einer chronischen Therapie bedarf.»
Politik will Antworten
Die Kostenübernahme durch die Krankenkassen ist vorerst bis Ende Februar 2027 limitiert. 2026 wird Novo Nordisk beim Bundesamt für Gesundheit einen neuen Antrag einreichen müssen. Mittlerweile sorgt die Abnehmspritze für Fragen in der Politik. Damian Müller (FDP/LU) hat eine Interpellation eingereicht mit dem Titel: Abnehmspritzen in der Grundversicherung – Nachhaltig oder kostentreibend?
Heute lässt sich diese Frage so noch nicht endgültig beantworten. Es gibt noch schlicht zu wenig Erfahrungen und Untersuchungen dazu, ob sich die Kostenübernahme durch die Krankenkasse langfristig auszahlt, ob dadurch Begleiterkrankungen von starkem Übergewicht reduziert werden können, die heute hohe Kosten in unserem Gesundheitssystem verursachen können.
Klar ist: Die Medikamente und der Preis, den wir dafür bezahlen, sorgen noch ein Weilchen für Diskussionsstoff.