Barbara ist erleichtert – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie hat rund ein Drittel ihres Körpergewichts verloren. Möglich war dies durch die Abnehmspritze Wegovy der dänischen Firma Novo Nordisk. Aufmerksam wurde sie auf das rezeptpflichtige Medikament über ein Inserat, in dem Personen gesucht wurden für eine klinische Studie.
Ein Inserat für eine Pharmastudie in einer Zeitung – das ist bereits ein sensibler Bereich. Denn Pharmafirmen dürfen keinerlei Publikumswerbung machen für ein rezeptpflichtiges Medikament. Was also ist denn erlaubt? Was wird kontrolliert?
Nebst Gesetzen gibt es Verhaltensrichtlinien für Pharmafirmen und Ärzte. Fachleute betonen, dass die Zusammenarbeit zwischen Pharma und Medizin möglich sein muss. Es gehe um Wissenstransfer, der dem Patienten oder der Patientin zugutekomme.
Auch Philip Gerber, der Arzt von Barbara, betont die Wichtigkeit. Er ist Adipositas-Spezialist und leitender Arzt am Universitätsspital Zürich. Er hat von Novo Nordisk, der dänischen Firma hinter dem Adipositas-Medikament, sogar Honorare für Beratungen erhalten.
Das sei unproblematisch und üblich, sagt er gegenüber SRF. «Der Austausch zwischen Ärzten und Pharmafirmen ist reguliert», sagt er. «Früher war das vielleicht anders, aber heutzutage wird grosses Augenmerk darauf gerichtet.»
Unabhängigkeit als oberstes Gebot
Grosszügige Gesten und Einladungen ohne fachlichen Bezug sind hingegen nicht erlaubt. Möglich sind aber sogenannte «Unterstützungsbeiträge» in einem gewissen Rahmen. Gemeint sind damit Beiträge für Forschung, Weiter- und Fortbildungen.
Doch der Interpretationsspielraum ist gross und kann Misstrauen schüren. Darum setzt die Pharmaindustrie mit einem eigenen Verhaltenskodex an. Er regelt auf rund 30 Seiten die Details: beispielsweise, dass Pharmafirmen zwar Ärztinnen und Ärzte an Fachveranstaltungen einladen und die Kosten für Spesen übernehmen dürfen, solange es einen direkten inhaltlichen Zusammenhang gibt. Ehepartnerinnen und Ehepartner einzuladen, ist allerdings untersagt, ebenso üppige Ausflüge an Konzerte und Events.
In der Schweiz haben fast alle Pharmafirmen diesen Kodex unterzeichnet und versprechen damit, sich daranzuhalten. Auch die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften hat ergänzend zum Gesetz Richtlinien erarbeitet, die sich an die Medizin richten.
Trotz Transparenz Kritik
Trotz vieler freiwilliger Verhaltensweisen gibt es Kritik. Die Plattform Pharmagelder.ch, ein Rechercheprojekt von Ringier Medien Schweiz, kritisiert die intransparente Darstellung von Geldern, welche Pharmafirmen an die Medizin bezahlen.
Zwar würden sie ausgewiesen, aber man müsse sie mühsam zusammensuchen in zahlreichen Listen und Excel-Tabellen. Darum stellt Pharmagelder.ch ein Tool zur Verfügung, das die Recherche erleichtert.
Es zeigt sich: Novo Nordisk hat 2023 insgesamt rund fünf Millionen Franken an medizinische Fachleute und Gesundheitsorganisationen bezahlt. Für die Firma ist das ein neuer Rekord.
Spitzenreiter sind jedoch die Schweizer Firmen Novartis, Roche und der US-Konzern Pfizer mit Beträgen zwischen rund 25 und 30 Millionen Franken.
Die Daten für das Jahr 2024 werden im Herbst 2025 publiziert. Und geht es nach dem Trend, dann fliesst das Geld auch dieses Jahr locker.