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Wenig Geld aus der Schweiz Kritik an mangelnder Schweizer Finanzhilfe für die Ukraine

Der ehemalige Leiter der Humanitären Hilfe Schweiz kritisiert die Unterstützung der Ukraine als ungenügend. Im internationalen Vergleich schneidet die Schweiz bei der finanziellen Hilfe eher unterdurchschnittlich ab.

Toni Frisch verkörperte jahrzehntelang die humanitäre Schweiz. Er war Leiter der humanitären Hilfe des Bundes. Bis 2021 war er auch Sonderbeauftragter für die Ukraine bei der OSZE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.

Frisch kritisiert: Wenn es um die Ukraine gehe, mache die Schweiz zu wenig. «Wenn wir schon keine Munition und Waffen liefern können, müssen wir mit unserer humanitären Tradition mehr tun», fordert Frisch.

Redner vor einem Red Cross-Logo.
Legende: Toni Frisch fordert mehr finanzielle Unterstützung der Schweiz für die Ukraine (Bild von 2017). KEYSTONE/Ti-Press/Pablo Gianinazzi

Kritik an der Schweiz aus Berlin

Am Mittwoch musste Bundespräsidentin Viola Amherd in Berlin zumindest verklausuliert Kritik einstecken. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz betonte in Amherds Anwesenheit die grosse Unterstützung seines Landes für die Ukraine. Es war ein recht deutlicher Seitenhieb. Hinter den Kulissen kritisieren Deutschland und andere europäische Länder schon länger, die Schweiz müsse sich finanziell stärker engagieren.

Selenski übt dezidierte Kritik am Westen

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Die Lage der Ukraine ist derzeit schwierig. Das Land steht an allen Fronten unter Druck, denn es herrscht Mangel an Artillerie, Soldaten und an Flugabwehr. In einem Interview mit der Agentur AFP übt der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski durchaus höfliche, gleichwohl dezidierte Kritik an den westlichen Verbündeten.

«Wir befinden uns in einer unsinnigen Situation, in welcher der Westen Angst hat, dass Russland den Krieg verliert. Er will aber auch nicht, dass die Ukraine ihn verliert», sagte Selenski zur AFP. «Denn der Endsieg der Ukraine wird zur Niederlage Russlands und der Endsieg Russlands wird zur Niederlage der Ukraine führen. Und hier sind wir nun bei Ihnen, in einem solchen Moment und einer solchen Herausforderung für alle», so Selenski.

Seiner Ansicht nach verfügt die Ukraine nur über ein Viertel der für die Verteidigung gegen Russland benötigte Flugabwehr. Zwingend seien ausserdem über 100 F16-Kampfflugzeuge. (srf)

Ein regelmässig aktualisierter Vergleich des Kieler Instituts für Weltwirtschaft zeigt: Die mit Abstand grössten Unterstützer der Ukraine sind die USA. Gefolgt von den EU-Institutionen und Deutschland. Auf dem 7. und 8. Platz folgen mit Dänemark und den Niederlanden ähnlich grosse Länder wie die Schweiz.

Die Schweiz folgt erst auf dem 18. Platz mit bisher 0.7 Milliarden Franken Hilfe.

SVP-Aussenpolitiker und Parteileitungsmitglied Franz Grüter findet dennoch, die Kritik an der Schweiz sei ungerechtfertigt. «Wir gehören zu den Top-10-Ländern, wenn man die Waffen weglässt», erklärt Grüter: «Wir haben auch sehr viele Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen und geben dafür rund zwei Milliarden aus.» Die Schweiz müsse sich nichts vorwerfen lassen, sagt der Luzerner SVP-Nationalrat.

Zwei Personen stehen zwischen ukrainischer und Schweizer Flagge.
Legende: Bundespräsidentin Viola Amherd mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski am 15. Januar 2024 in Kehrsatz (BE). Keystone/Alessandro Della Valle/Pool via REUTERS/File Photo

Paket für Ukraine und Armee absturzgefährdet

Bundespräsidentin Amherd und Aussenminister Ignazio Cassis kündigten im April an, die Ukraine in den nächsten zwölf Jahren mit zusätzlichen fünf Milliarden Franken zu unterstützen. Allerdings ist diese Summe noch nicht finanziert.

Auch deshalb schnürte die sicherheitspolitische Kommission des Ständerats ein Paket: 10.1 Milliarden für die Schweizer Armee und fünf Milliarden für den Wiederaufbau der Ukraine. Diese Summe soll an der Schuldenbremse vorbei finanziert werden, schlug eine Mitte-Links-Koalition vor.

Allerdings droht das Paket in der kommenden Sommersession im Parlament abzustürzen. Viele Bürgerliche und der Bundesrat sind strikt gegen zusätzliche Schulden. So übte die Finanzkommission des Ständerats in der vergangenen Woche scharfe Kritik am Vorhaben.

Der Krieg und die Schuldenbremse

Dies kann Toni Frisch nicht verstehen. Der ehemalige Armee-Oberst findet, die Schweizer Armee brauche in dieser geopolitisch unsicheren Lage dringend mehr Mittel.

Besonders störe ihn die Erklärung des Finanzdepartements, der Ukraine-Krieg sei kein hinreichender Grund, Ausgaben an der Schuldenbremse vorbei zu verbuchen. «Braucht es eine europaweite Sintflut biblischen Ausmasses, wenn ein Krieg nicht reicht?», fragt sich Frisch.

Einsparungen in Afrika

Der Bundesrat plant, die zusätzlichen fünf Milliarden mindestens teilweise in der Entwicklungshilfe zu kompensieren. Falls es im Parlament keine Mehrheit für mehr Ausgaben gibt, dürfte das Geld für die Ukraine vor allem in Afrika eingespart werden.

Dem ehemaligen Leiter der Humanitären Hilfe Schweiz bereitet dies grosse Sorgen. «Die ärmsten Länder des Südens werden die Zeche bezahlen müssen», befürchtet Frisch. Bei der bürgerlichen Mehrheit im Parlament stossen Frischs Warnungen allerdings auf wenig Echo.

Tagesschau, 18.05.2024, 13:00 Uhr

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