Einige Zuschauerinnen und Zuschauer dürften sich gewundert haben: Im Siegerinterview in der Arena in Pratteln sprach der frisch gekrönte Schwingerkönig Joel Wicki kaum davon, wie er seinen bisher grössten Erfolg feiern würde. Sondern er sagte, dass er am nächsten Tag wieder im Stall stehen wolle. Seine Tiere seien ihm wichtig.
Seine Aussagen passen zum Bild, das der Schwingsport gerne von sich zeichnet – trotz des riesigen Interesses der Öffentlichkeit, das den «Bösen» inzwischen entgegengebracht wird: Das Bild des urtümlichen Sports, in dem Werte wie Bescheidenheit und Fairness über dem sportlichen Erfolg stehen.
Ja nicht überheblich wirken
Klar ist aber auch: Wer wie Joel Wicki zum besten Schwinger der Schweiz aufsteigen will, muss hart arbeiten. Muss seinem Sport vieles andere unterordnen. Schwingen ist längst in der Kategorie Spitzensport angekommen.
Doch gerade der neue Schwingerkönig Joel Wicki tut alles, um nicht abgehoben zu wirken, geschweige denn überheblich. Er vergisst in keinem Interview, seine «starken» Gegner zu würdigen, und sich bei Trainer und Familie zu bedanken. Korrekt und bescheiden.
Er ist immer korrekt und anständig.
Ja, so sei er, heisst es auch bei allen, die man fragt. Dort, wo man ihn kennt – in seinem Dorf Sörenberg im luzernischen Entlebuch. «Er ist immer korrekt und anständig und grüsst alle», sagt Wirt Marco Schnider im «Alpenrösli». Und ein Gast, der den neuen Schwingerkönig «sehr gut» kennt, rühmt dessen Einsatz auch neben dem Sägemehl: «Er ist ein tipptopper Arbeiter.»
Wen auch immer man fragt – es sind nur lobende Worte über Joel Wicki zu hören. Worte, von denen ganz nebenbei auch die Befragten selbst etwas abbekommen. Denn einige Einheimische sehen sich in ihm widerspiegelt. «Er ist einer von uns», sagt ein anderer Sörenberger. Und führt dann aus: «Er ist geblieben, wie er immer war: Bescheiden. Er kann in die Kirche kommen oder man sieht ihn sonst irgendwo – er fällt nicht auf. Er ist wirklich einer von uns.»
Oder wie es eine Frau im Dorfladen zusammenfasst: Der Schwingerkönig sei «ein ganz sympathischer, flotter Bursche.»
Ausbildung, Beruf und Spitzensport
Der 25-Jährige ist aber auch ein äusserst ehrgeiziger und hart arbeitender Mann. Noch ist er in der Ausbildung zum Landwirt, bereitet sich auf die definitive Übernahme des Hofs vor, den er aktuell noch pachtet. Gleichzeitig ist der gelernte Baumaschinenmechaniker auch noch Mitinhaber eines Unternehmens, das Bau- und Landmaschinen verkauft und vermietet.
Wenn ich ehrlich bin, bin ich gar nicht so richtig zum Schlafen gekommen.
Und eben Spitzenschwinger. Seit Sonntag sogar der beste der Schweiz. Der dann seinen Sieg schliesslich doch nicht ganz so bescheiden wegstecken konnte, wie er es im Siegerinterview noch geglaubt hatte. «Wenn ich ehrlich bin, bin ich gar nicht so richtig zum Schlafen gekommen. Das Natel hat immer wieder geläutet und vibriert», sagte er am Morgen danach.
Und nein, zum Arbeiten auf seinem Landwirtschaftsbetrieb komme er wohl heute doch nicht, räumte er ein. Aber nicht ohne sofort anzufügen: «Ich freue mich extrem darauf, wenn die Abwechslung wieder kommt und ich die Arbeit machen kann, die ansteht.»