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Wettrüsten im All Die Schweizer Armee testet Satelliten einer Genfer Firma

Das Verteidigungsdepartement finanziert Testsatelliten der Genfer Firma «Wisekey». Ein erster Satellit überfliegt seit Januar dreimal täglich die Schweiz, weitere sollen folgen. Dereinst könnte so ein souveränes Schweizer Satellitennetz entstehen.

Der Satellit ist nicht viel grösser als ein Desktop-Computer – eine graue Box, mit Panels bestückt. Die Genfer Firma Wisekey hat den ersten Testsatelliten für die Armee im Januar 2025 in den Orbit geschickt, dies von Kalifornien aus in einer Trägerrakete von Elon Musks Firma SpaceX. Das bestätigt Carlos Moreira gegenüber SRF News. Moreira ist Gründer und CEO von Wisekey. «Der Satellit gehört uns. Wir vermieten diesen über eine Partnerschaft an die Schweizer Armee», erklärt Moreira.

Der Chef der Firma WiseKey hält einen Satelliten in Händen.
Legende: Carlos Moreira ist Gründer und CEO von Wisekey, einer Genfer Firma. Sie entwickelt Satelliten und Antennen und testet diese zusammen mit der Armee. RTS / MATHIEU HENDERSON

Seit drei Jahren arbeitet Moreiras Firma bereits mit der Armee zusammen. Im Juni soll der nächste Satellit ins All geschickt werden. Weitere fünf sollen folgen. «Jedes Mal, wenn der Satellit die Schweiz überfliegt, machen wir Tests», sagt Moreira. Das geschehe dreimal täglich. Es werde getestet, ob sich die Antennen mit den Empfangsgeräten am Boden verbinden.

Das Internet der Dinge auf dem Gefechtsfeld

Zusammen mit der Schweizer Armee werden militärische Anwendungen getestet, wie zum Beispiel die geschützte und verschlüsselte Kommunikation, Aufklärung und das Suchen und Verfolgen von eigenen Truppen und Waffensystemen im Feld. So wird zum Beispiel das Internet of Things, das Internet der Dinge, auf das Gefechtsfeld übertragen. Damit weiss ein Kommandant jederzeit, wo seine Truppen und Waffen sind – via Satellitensignal. Die Digitalisierung des Gefechtsfeldes.

Das Interesse der Armee am Weltraum

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Die Schweizer Armee hat ambitionierte Pläne für den Weltraum. Zurzeit befindet sich die «Gesamtkonzeption Weltraum» in der Ämterkonsultation. Viel ist noch nicht öffentlich bekannt.

Im Schwarzen Buch von Noch-Armeechef Thomas Süssli («Verteidigungsfähigkeit stärken») steht, die Armee sei daran, Fähigkeiten zu entwickeln, um den Weltraum künftig besser für militärische Anwendungen nutzen zu können.

Der Weltraum soll ein Wirkungsraum werden analog zu den anderen Wirkungsräumen der Armee wie Boden, Luft, Cyberraum, elektromagnetischen Raum und Informationsraum.

So bekommt die Armee ein Space-Kommando, voraussichtlich bei der Luftwaffe. An der ETH Lausanne wurden bereits Studierende und Forschende aufgefordert, sich für den Militärdienst in der Weltraumzelle der Armee zu bewerben.

Ziele der Weltraumstrategie sind folgende:

  • Ein Weltraum-Lagebild: So sollen Satelliten entdeckt und verfolgt werden, die Stellungen der Schweizer Armee ausspähen wollen.
  • Aufklärung am Boden: Bilder sollen feindliche militärische Stellungen entdecken. Tracker bei den eigenen Truppen zeigen die Position der eigenen Kräfte. Diese Anwendungen könnten auch zivil genutzt werden, zum Beispiel bei Naturkatastrophen.
  • Satelliten-Kommunikation: Wenn die Kommunikationsmittel am Boden ausfallen, kann via Satellit noch kommuniziert werden. Die Ruag entwickelt ein satellitenfähiges Smartphone.
  • GPS-Alternative: Der Krieg in der Ukraine zeigt, Satelliten-Navigationssysteme wie GPS können gestört werden oder ausfallen. Ein System, das unabhängig funktioniert, könnte Ersatz bieten.

Die Armee selbst hüllt sich in Schweigen. Sie will sich dazu nicht konkret äussern. Ein Armeesprecher verweist auf ein künftiges Strategiepapier zum Weltraum («Gesamtkonzeption Weltraum»), das bald in den Bundesrat komme. Die Armee betont, der Satellit gehöre nicht ihr, sondern sie beteilige sich am Projekt. Vom Bundesamt für Rüstung Armasuisse war zu erfahren, dass rund 250'000 Franken für Forschungsaufträge an Wisekey gehen.

Raketenstart mit Rauch und Feuer.
Legende: In einer SpaceX-Rakete von Elon Musk wurde der Schweizer Satellit ins All gebracht. Der Start erfolgte in Kalifornien im Januar 2025. Keystone/JOHN RAOUX

Carlos Moreira von Wisekey erklärt hingegen, was seine Pläne und Visionen sind. Sein Ziel sei es, der Schweiz ein unabhängiges Satellitennetzwerk anzubieten. Da sei die Armee eine naheliegende Kundin. Dereinst könnten 100 solcher Satelliten im niedrigen Orbit um die Erde und über die Schweiz fliegen. Auch andere Bundesstellen, Organisationen oder Firmen sollen Zugriff darauf bekommen.

Abhängigkeit vermeiden

Die aktuelle Geopolitik zeige, sagt Moreira, dass jedes Land sein eigenes Satelliten-Netz betreiben sollte. «Von einem anderen Land abhängig sein, das ist nicht wünschenswert». Er verweist damit auf Elon Musks Starlink-Satellitennetz, von dem die ukrainischen Streitkräfte abhängig sind. Auch die Schweiz ist bislang abhängig von Frankreich. Die Schweizer Armee ist vor ein paar Jahren eine Kooperation mit Frankreich eingegangen, um Satellitenbilder zu beziehen.

Wer ist «Wisekey»?

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Wisekey ist eine Genfer Firma, der Holdingsitz liegt in Zug. Die Technologiefirma ist spezialisiert auf Cybersicherheit, Blockchain und Internet-der-Dinge-Anwendungen. Sie entwickelt auch Mikroprozessoren.

Zusammen mit einem spanischen Unternehmen entwickelt die Wisekey-Tochterfirma WiseSat Satelliten. Bereits 17 Satelliten hat die Firma nach eigenen Angaben in den Orbit geschickt. Ein erster Satellit ist seit Januar im Orbit, der Anwendungen für die Schweizer Armee testet. Weitere sollen folgen.

Gründer und CEO ist Carlos Moreira. Seine Firma ist an der Nasdaq und an der Schweizer Börse kotiert.

Dass die Schweiz nach den Sternen greifen kann, hat mit den gesunkenen Kosten bei den Satelliten zu tun. Gemäss Carlos Moreira kostet die Investition in einen Satelliten noch rund eine halbe Million Franken. Das ermögliche, dass auch Länder wie die Schweiz eigene Satelliten ins All bringen und betreiben können. Carlos Moreira ist von seinem Projekt und seiner Vision überzeugt. Darum investiert seine Firma selbst mehrere Millionen Franken in das Projekt. Auch in der Hoffnung, die Armee als dauerhafte Partnerin zu gewinnen.

SRF 4 News, 5.5.2025, 6 Uhr

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