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Wichtigstes UNO-Gremium Unaufgeregte Schweizer Kandidatur für UNO-Sicherheitsrat

Für den Bundesrat ist der Sitz in dem Gremium ein zentrales Anliegen. Die Bevölkerung scheint es nicht gross zu interessieren. Weshalb eigentlich?

Für Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga und Aussenminister Ignazio Cassis hätte es ein grosser Tag werden sollen: Die beiden Bundesräte wollten heute in New York die Schweizer Kandidatur für den UNO-Sicherheitsrat den UNO-Mitgliedsstaaten präsentieren. Wegen Corona wurde daraus nichts.

Am Tisch der Mächtigen Platz nehmen – das will die Schweiz, wenn sie als nichtständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrats für die Jahre 2023 und 2024 kandidiert. Neben den fünf Vetostaaten sitzen die Vertreter von zehn Ländern als nichtständige Mitglieder im wichtigsten und mächtigsten UNO-Gremium. Vielleicht also auch schon bald die Schweiz.

In diesem Gremium soll sie sich für humanitäre Werte einsetzen, sagt der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller. Die Schweiz könne einen wichtigen Aspekt leisten für Frieden und Sicherheit auf der Welt. Der Präsident der aussenpolitischen Kommission ist davon überzeugt, dass die Schweiz im Sicherheitsrat einen Beitrag leisten kann und dass es wichtig ist, den Dialog mit den anderen Ländern zu führen.

SVP gegen Kandidatur

Dialog ja – aber sicher nicht im UNO-Sicherheitsrat, findet dagegen SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel. «Das ist ein Gremium, das über Krieg und Frieden abschliessend entscheidet. Wenn wir ein neutraler Staat bleiben wollen, dann geht das nicht.»

Büchel ist Mitglied der aussenpolitischen Kommission des Nationalrats und bekämpft die Kandidatur, seit sie vor bald zehn Jahren eingereicht wurde. Bei diesem Kampf blieb die SVP aber praktisch allein. Sie verlangte im Parlament mehrmals, die Kandidatur sei zu stoppen, unterlag aber regelmässig.

Das ist ein Gremium das über Krieg und Frieden abschliessend entscheidet. Wenn wir ein neutraler Staat bleiben wollen, dann geht das nicht.
Autor: Roland Rino Büchel SVP-Nationalrat

Büchel und die SVP sehen die Neutralität der Schweiz in Gefahr. Die Mehrheit des Parlaments und auch FDP-Ständerat Müller beurteilen das anders. Die Schweiz äussere sich heute schon zu Konflikten auf der Welt. «Wir müssen klar sagen, wir haben immer schon eine Meinung gehabt und Neutralität bedeutet nicht, keine Meinung zu haben», so Müller.

In der Bevölkerung kein grosses Thema

Im Parlament hatte die SVP mit ihrem Widerstand keinen Erfolg. Aber auch in der Bevölkerung wird wenig über die bevorstehende Mitgliedschaft der Schweiz im Sicherheitsrat diskutiert. Das sei tatsächlich so, stellt Büchel fest. «Und Covid ist nicht schuld daran.» Vielmehr sei es nicht gelungen, in der Bevölkerung Emotionen auszulösen und den Beitritt öffentlich zu thematisieren. «Vielleicht müssen wir von der SVP uns den Vorwurf gefallen lassen, dass wir das zu wenig gepusht haben. Es scheint ein breiter Konsens zu herrschen in einem brandgefährlichen Thema. Das wird man noch schwer bedauern.»

FDP-Ständerat Damian Müller hat eine andere Erklärung dafür, weshalb das Thema in der Bevölkerung bisher kein grosses Thema war. «Man hat bis jetzt auch nicht eine grosse Hysterie darüber gemacht. Ich bin eigentlich froh, dass solche diplomatischen Beziehungen in der Schweiz eher unter dem Radar laufen.»

Wir haben immer schon eine Meinung gehabt und Neutralität bedeutet nicht, keine Meinung zu haben.
Autor: Damian Müller FDP-Ständerat

Für Müller steht jetzt im Vordergrund, der Bevölkerung aufzuzeigen, wo die Schweiz im internationalen Kontext Stärken hat. «Es geht nicht immer nur um die EU, es geht eben auch um Frieden und Sicherheit auf der ganzen Welt. Da spielen wir mit unseren Diplomaten, die auf der ganzen Welt verteilt sind, eine ganz wichtige und zentrale Rolle.

Ob zu dieser Rolle auch die Einsitznahme im UNO-Sicherheitsrat gehört, kommt aber erst in anderthalb Jahren aus. Dann findet die Wahl statt.

Rendez-vous, 29.10.2020, 12:30 Uhr ; 

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