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Wolfs-Debatte im Ständerat Die Gräben in der Debatte um den Wolf bestehen weiter

Tief waren die Gräben zwischen Stadt- und Landbevölkerung an jenem 27. September 2020, als das damals vorgeschlagene Jagd-Gesetz an der Urne scheiterte. Das Stimmvolk auf dem Land und in den Berggebieten unterstützte grossmehrheitlich die Vorlage, die den Abschuss von Wölfen massiv erleichtert hätte. Demgegenüber hat die Bevölkerung in städtisch geprägten Gebieten das Gesetz deutlich abgelehnt.

Der entstandene Stadt-Land-Graben und die damit einhergehende Polarisierung wurden parteiübergreifend bedauert. Auch zwei Jahre nach der Volksabstimmung ist bei vielen Berglern, Bäuerinnen und Jägern noch immer Frust und Enttäuschung über das damalige Verdikt zu spüren. Gleichzeitig bleibt es eine Tatsache, dass die damals angedachte – sehr weitgehende – Lockerung des Wolfsschutzes mit einem demokratischen Entscheid verworfen wurde.

Kein Verständnis für Sorgen der Bergbauern

Einen Hoffnungsschimmer gab es vor einigen Monaten, als nach schwierigen Verhandlungen Naturschutz-Organisationen, der Bauernverband, Jagd- und Berggebietsvertreter ein gemeinsames Kompromiss-Papier zum Umgang mit dem Wolf vorgelegt haben – nach langen und schwierigen Verhandlungen.

Ständerat beschliesst Aufweichung des Wolfsschutzes

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Wölfe sollen nicht nur geschossen werden dürfen, wenn sie Schäden angerichtet haben, sondern auch, um künftige Schäden zu verhindern. Der Ständerat hat eine Art Regulierungssaison für Wölfe im Jagdgesetz aufgenommen.

Im Zentrum steht die proaktive Regulierung der Wölfe. Der Ständerat hiess die Vorlage mit 31 zu 6 Stimmen gut.

Als Enttäuschung muss man dagegen die heutige Ständerats-Debatte werten. Nur gerade der Glarner Grüne Mathias Zopfi versuchte in seinen Voten, Brücken zu bauen zwischen den widerstrebenden Anliegen. Aber sonst gab es bei den Rednerinnen und Rednern der links-grünen Seite keine Worte der Empathie für die betroffene Bergbevölkerung. Kein Verständnis für die Sorgen und Ängste der Bergbäuerinnen und Bergbauern. Für ihren Schmerz, wenn die von ihnen umsorgten Nutztiere einem Wolfsangriff zum Opfer fallen.

Die bürgerliche Mehrheit konnte sich zwar zum Bekenntnis durchringen, sie wolle den Wolf nicht ausrotten. Aber eine Anerkennung für die wichtige Rolle des Raubtiers im Ökosystem? Fehlanzeige. Keiner der bürgerlichen Votanten erwähnte, wie dank der Wölfe, die Hirsche, Rehe und Gämsen jagen, der Wildverbiss an Bäumen verringert wird und die Wälder gesünder sind.

Die Wölfe haben sich in den letzten Jahren in der Schweiz weiter vermehrt. Und auch die Probleme haben zugenommen, wie das Beispiel des Beverin-Rudels in Graubünden zeigt. Es ist weithin anerkannt, dass zu einem gewissen Grad auch präventive Wolfsabschüsse nötig sind.

Ob das vom Ständerat beschlossene Modell das richtige ist oder zu weit geht – das bleibt umstritten. Ganz gewiss ist aber eins: Der Ständerat hat es in seiner Debatte verpasst, die Gräben zuzuschütten. In der nächsten Session ist der Nationalrat an der Reihe.

Elmar Plozza

Inlandredaktor

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Elmar Plozza arbeitet seit 2007 als Inlandredaktor bei Radio SRF. Seit 2013 ist er stellvertretender Leiter der Inlandredaktion.

SRF 4 News, 29.09.2022, 18:16 Uhr

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