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Yves Donzallaz SVP empfiehlt eigenen Bundesrichter zur Abwahl

Die SVP ist mit einem ihrer Bundesrichter unzufrieden. Sie schlägt Yves Donzallaz deshalb nicht mehr zur Wiederwahl vor.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die SVP empfiehlt einen ihrer eigenen Bundesrichter, Yves Donzallaz, nicht zur Wiederwahl.
  • Donzallaz hatte in der Vergangenheit mehrere Urteile gefällt, die nicht der Parteilinie entsprachen. Am Dienstag wurde Donzallaz von der SVP-Fraktion angehört.
  • Mit den Stimmen aller anderen Parteien in der Bundesversammlung ist eine Wiederwahl allerdings trotzdem komfortabel möglich.

Yves Donzallaz war 2008 auf Vorschlag der SVP ans oberste Gericht gewählt worden. Bei der eigenen Partei ist er nun wegen Urteilen, die nicht auf der Parteilinie lagen, in Ungnade gefallen. Zuletzt der Entscheid, erneut Bankdaten an Frankreich herauszugeben.

Am Dienstag musste Donzallaz bei der SVP-Fraktion zur Anhörung antreten. Das Urteil fiel knapp aus. «Wir haben eine intensive Diskussion geführt über die Aufgabe, die Unabhängigkeit des Bundesgerichts, aber auch die Aufgabe des Parlaments», sagt der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz.

Mann.
Legende: Laut Rutz hätten sich die Wertvorstellungen von Donzallaz und der SVP zu weit voneinander entfernt. Keystone/Archiv

Das Bundesgericht setze sich proportional zu den Parteienstärken zusammen, das Parlament sei der Wahlkörper. «Ein knappe Mehrheit ist zur Auffassung gelangt, dass wir Herrn Donzallaz nicht zur Wiederwahl empfehlen können, weil sich einfach unsere Wertvorstellungen zu weit voneinander entfernt haben», so Rutz.

«Gefährdet die Unabhängigkeit der Justiz»

Die SVP wollte von Donzallaz wissen, wie er das Verhältnis von Landesrecht zu internationalem Recht sehe. Und ob er die Werte der SVP noch teile.

Ein Richter sollte sich jedoch gerade nicht von seiner politischen Einstellung leiten lassen, sagt Donzallaz. «Unsere Lebenserfahrung formt die Art und Weise, wie wir die Welt sehen. Und all unsere Erfahrungen, positive wie negative, beeinflussen unbewusst die Art und Weise, wie wir die Situationen beurteilen, mit denen wir als Richter konfrontiert werden.»

Mann.
Legende: Donzallaz will keinem Prinzip folgen, um auf der Parteilinie zu bleiben. Keystone/Archiv

Das sei unvermeidbar und es sei etwas völlig anderes, als bewusst einer Idee oder einem Prinzip zu folgen, um auf der Linie einer Partei zu bleiben. «Das ist etwas ganz anderes. Und das gefährdet die Unabhängigkeit der Justiz.»

Einschätzungen von SRF-Bundeshausredaktor Erwin Schmid

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Mit ihrem Entscheid untergräbt die SVP die Gewaltenteilung im Land. Die Botschaft an die Richter in Lausanne ist klar: Wer in Zukunft Urteile nicht nach Parteilinie fällt, riskiert, den Job zu verlieren.

Gleichzeitig zeigt der Fall aber ein weiteres Problem auf. Nämlich, dass es in der Schweiz die Parteien sind, welche die höchsten Richter vorschlagen, die anschliessend gewählt werden. Das garantiert zwar, dass in Lausanne sämtliche Ideologien und Weltanschauungen vertreten sind, es bedeutet aber auch, dass die Richter parteipolitisch unter Druck geraten können.

Bisher waren die Lösung Richter gewesen, die sich nicht unter Druck setzen lassen sowie Parteien, welche ihre staatspolitische Verantwortung wahrnehmen. Letzteres kann man offensichtlich nicht immer voraussetzen.

Mit den Stimmen aller anderen Parteien in der Bundesversammlung kann Bundesrichter Donzallaz am 23. September trotzdem komfortabel wiedergewählt werden.

Tagesschau, 8.9.2020, 19:30 Uhr ; 

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