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Bericht zeigt Milliarden-Wunschzettel der Schweizer Armee
Aus Tagesschau vom 17.08.2023.
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Zielbild 2030 Eine neue Armeedoktrin im politisch luftleeren Raum

Die Armee will wieder Krieg führen können. Mit dem Zielbild 2030 will sie künftig auf die Kernkompetenz Verteidigung setzen, also den Kampf gegen einen militärischen Gegner. Was auffällt: Bei der Präsentation des Berichts war die Politik nicht vertreten. Armeechef Thomas Süssli vertrat die Vision der Armee. Ob dies auch die Vision von Bundesrätin Viola Amherd ist oder gar jene des Gesamtbundesrats, ist nicht klar. Im Bericht stehen nämlich Ziele und Visionen, die politischen Zündstoff bergen.

Zum Beispiel:

Verteidigung priorisieren: Die Armee will die «Fähigkeiten, Organisation, die Ausbildung und die Infrastruktur konsequent auf die Verteidigung ausrichten». Zu den weiteren Armeeaufträgen wie militärische Friedensförderung oder die Unterstützung der zivilen Behörden bei Krisen und Katastrophen äussert sie sich nicht konkret. Eine Gewichtung zwischen den Aufträgen ist eine sicherheitspolitische Führungsaufgabe, nicht die der Armee.  

Neutralität: Die Armee geht davon aus, dass bei einem militärischen Angriff auf die Schweiz die Neutralität fällt und sie umgehend mit einem Kooperationspartner – namentlich mit der Nato – den Kampf führt. Darum sollen Waffensysteme, Ausbildung und Reglemente natokompatibel sein. Damit wird die autonome Landesverteidigung aufgegeben. Ob die Nato mithelfen würde, die Schweiz zu verteidigen, ist nicht geklärt.  

Internationale Kooperation in der Ausbildung: Die Luftwaffe und Sondereinsatzkräfte trainieren bereits heute im Ausland. Nun sollen auch Bodentruppen auf Waffenplätzen im Ausland üben können, zusammen mit den jeweiligen Truppen vor Ort. Bislang ist der Einsatz im Ausland für Soldatinnen und Soldaten freiwillig. Damit solche Ausland-WK möglich werden, wird es möglicherweise ein Obligatorium brauchen.

«Deep Strike»: Die Armee will mit weitreichenden Waffensystemen (zum Beispiel mit dem F-35, neu zu beschaffender Raketenartillerie oder zielsuchender Lenkmunition) einen militärischen Angreifer bereits weit ausserhalb der Landesgrenze bekämpfen und zerstören können. Ob sich das mit der defensiven Schweizer Sicherheits- und Verteidigungspolitik (Stichwort Neutralität) verträgt, müssen Bundesrat und Parlament entscheiden. Mit dem Kauf des F-35 haben beide die Tür zumindest einen Spalt breit geöffnet.

«Das Gefecht der verbundenen Waffen»: Die zentralen Kampftruppen der Armee, das bisherige «Heer», soll umgebaut werden, von einer auf zukünftig zwei Divisionen. Hintergrund ist die Stärkung des «Gefechts der verbundenen Waffen» von Luftwaffe, Artillerie, Panzern und Infanterie. Solche Offensivoperationen sind komplex und teuer. Die Erfolgsaussichten sind oft zweifelhaft, was sowohl Russland wie die Ukraine schmerzhaft erfahren mussten oder müssen.

Milliarden-Investitionen: Die Armee schätzt, dass sie eigentlich 50 Milliarden Franken bräuchte, um grundlegend neu aufzurüsten. Dazu kommen die Betriebskosten in mindestens gleicher Höhe. Ob sich Investitionen und Betrieb in dieser Höhe finanzieren lassen, ist fraglich. Bereits jetzt müssen aufgrund der Schuldenbremse viele Bundesstellen sparen, damit das Armeebudget erhöht werden kann.

Politisch wie militärisch wird dieses Zielbild noch für Streit sorgen. Im Bericht schreibt die Armee, es seien Überlegungen und Lösungsansätze, die politisch noch nicht bestätigt seien. Unklar bleibt also, welches politische Gewicht der Bericht hat. Die Armee lässt einen Versuchsballon aufsteigen, der in der dünnen Luft leicht platzen kann.

Tobias Gasser

Inlandredaktor

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Seit 2005 arbeitet Tobias Gasser bei SRF, zuerst bei «10vor10» und «Tagesschau». Ab 2011 war er Produzent beim «Echo der Zeit» und ist seit 2019 Inlandredaktor bei Radio SRF.

SRF 4 News, 17.08.2023, 13:30 Uhr

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