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Armeebericht So will die Schweizer Armee ihre Verteidigungsfähigkeit stärken

  • Die Armee möchte ihre Verteidigungsfähigkeit stärken.
  • Wie sie dies tun will, zeigt der Bericht der Armee «Die Verteidigungsfähigkeit stärken – Zielbild und Strategie für den Aufwuchs» auf.
  • Bis in die 2030er-Jahre sollen rund 13 Milliarden Franken in einem ersten Schritt investiert werden.

Die Sicherheitslage in Europa habe sich verschlechtert, insbesondere mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, so die Armee. Um ihren Kernauftrag, die Schweiz und deren Bevölkerung zu schützen, auch künftig und möglichst gut erfüllen zu können, müsse sie ihre Verteidigungsfähigkeit in allen Wirkungsräumen (Boden, Luft, Cyberraum, elektromagnetischer Raum, Weltraum, Information) stärken.

Der Angriff Russlands sei eine eigentliche Zäsur, sagte Armee-Chef Thomas Süssli vor den Medien. Diese Rückkehr zur Machtpolitik führe zu vermehrtem Aufrüsten in Europa. Die Schweizer Armee jedoch sei ein Produkt der Reform «Armee 21», mit der die Armee auf Schutzaufgaben ausgerichtet wurde.«Wir werden uns wieder auf die Verteidigung ausrichten».

Abgesegnet sind die Pläne politisch noch nicht. Der Bericht, den Süssli vorstellte, soll jedoch die Stossrichtung vorgeben.

Vorgeschichte

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Die Armee schreibt in ihrem Bericht Folgendes: Am 24. November 2021 habe der Bundesrat den Sicherheitspolitischen Bericht (Sipol B) 2021 veröffentlicht, der die Leitplanken für die künftige Ausrichtung der Armee abstecke. Am 7. September 2022 habe die Landesregierung einen Zusatzbericht verabschiedet, der anhand der Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine zum Schluss komme, dass die Modernisierung der Fähigkeiten für die Verteidigung vorangetrieben und die Sicherheitspolitik konsequenter auf die internationale Zusammenarbeit ausgerichtet werden solle, was insbesondere für die Armee gelte. Diese beiden Berichte würden die Richtung in die Zukunft vorgeben, schreibt die Armee.

Die Grundlagenberichte «Luftverteidigung der Zukunft» (2017), «Zukunft der Bodentruppen» (2019) und «Gesamtkonzeption Cyber» (2022) würden zudem weiter aufzeigen, wie die Armee in den kommenden Jahren in den Bereichen Luft, Boden und Cyber weiterentwickelt werden solle, um ihre Aufgaben wirksam zu erfüllen.

Mit welchem Ziel und welcher Strategie diese Vorgaben aus Sicht der Armeeführung umgesetzt werden sollen, zeigt der neue Bericht «Die Verteidigungsfähigkeit stärken».

  • Militärische Fähigkeiten adaptiv entwickeln: Mit einer kontinuierlichen Anpassung und Entwicklung ihrer Fähigkeiten soll die Armee dem raschen Wandel des Umfelds und der unberechenbaren Sicherheitslage besser Rechnung tragen. Dazu soll sie sich in überschaubaren kleineren Schritten entwickeln anstatt in umfassenden Reformen, um die Flexibilität zu wahren, mit technologischen Entwicklungen mitzuhalten.

Hier gibt es den Bericht der Armee zum Nachlesen

  • Chancen des technologischen Fortschritts nutzen: Der technologische Fortschritt soll genutzt werden, um die Leistung der Armee zu erhöhen. Konkret soll sie dank der Technologie in die Lage versetzt werden, umfangreichere und qualitativ bessere Lageinformationen zu beschaffen. Die Technologie soll auch ermöglichen, auf grössere Distanz schneller und präziser zu wirken, und dazu beitragen, die Risiken für Armeeangehörige in Kampfeinsätzen zu reduzieren und mittels Digitalisierung, Robotik und künstlicher Intelligenz die Prozesse der Armee zu optimieren.

Kritik von rechts und links

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SVP-Nationalrat Thomas Hurter stört am Bericht, dass daraus zu lesen sei, die Armee sei in einem Kriegsfall nicht mehr fähig, die Verteidigung selbst zu übernehmen, und dass man international Hilfe benötige. Dies sei ein Hilferuf der Armee an die Politik und Öffentlichkeit. Die Priorisierung auf die klassische Landesverteidigung unterstütze er hingegen.

Die Grünen stören sich an der Ausrichtung der Armee. «Alle Berichte schätzen das Risiko eines bewaffneten Angriffs auf die Schweiz als sehr unwahrscheinlich ein. Trotzdem scheint man hier bei der Armee alle Ressourcen darauf zu konzentrieren», sagt Nationalrätin Marionna Schlatter.

SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf sieht den Bundesrat als übergangen. Der Gesamtbundesrat hätte dieses Konzept zuerst diskutieren und beschliessen müssen. «Ich war überrascht, dass die Armee derart vorpreschen darf.»

Bei der Mitte und der FDP klingt es versöhnlicher. Mitte-Ständerätin Andrea Gmür begrüsst die Stossrichtung und fordert eine schnelle Umsetzung. Josef Dittli, Ständerat der FDP, findet: «Es wird deutlich aufgezeigt, wie die Verteidigungsfähigkeit gestärkt werden soll.»

  • Internationale Zusammenarbeit stärken: Eine Verstärkung der internationalen Kooperation mit der Nato, der EU und den Nachbarstaaten soll es der Armee ermöglichen, von Erfahrungen und Standards anderer Streitkräfte mehr als bislang zu profitieren, die eigene Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen und einen Beitrag zur Sicherheit in Europa zu leisten. Davon soll insbesondere bei Ausbildung, Übungen und Beschaffungen mehr Gebrauch gemacht werden.

Rund 13 Milliarden Franken für den ersten Schritt

Die bisherigen Erkenntnisse aus dem Krieg in der Ukraine hätten im Grundsatz die in den Grundlagenberichten angestossenen Entwicklungslinien bestätigt und würden die Wichtigkeit und Dringlichkeit unterstreichen, die Verteidigungsfähigkeit wieder zu verstärken, heisst es im Bericht.

Streitkräfte benötigten Jahre, um sich personell, materiell und technologisch nach- und aufzurüsten («Aufwuchs»), so die Armee. Dies umfasse zunächst Investitionen von rund 13 Mrd. Franken bis in die 2030er-Jahre. Die vom Bundesrat und Parlament beschlossene schrittweise Erhöhung des Budgets der Armee auf 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts werde das ermöglichen, heisst es weiter.

SRF 4 News, 17.08.2023, 13:30 Uhr ; 

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