Selbstgemachter Butterzopf, feine Rösti und lokaler Käse: Seit 33 Jahren laden Schweizer Landwirte am Nationalfeiertag zum 1.-August-Brunch. Und der Brunch, der inzwischen selbst schon fast Traditionscharakter hat, ist beliebt: Letztes Jahr haben ungefähr 150'000 Personen den Nationalfeiertag auf einem Bauernhof gefeiert.
Doch: Immer weniger Landwirtschaftsbetriebe bieten ein solches Zmorge an. Zu Spitzenzeiten haben schweizweit über 500 Betriebe zum Buurezmorge geladen, heute sind es noch 280 – und das, obwohl die Nachfrage durchaus da wäre.
Der Aufwand ist zu gross, der Ertrag zu klein
Aufgehört hat zum Beispiel Ralf Bucher. Zu gross sei der Aufwand, sagt der Bauer aus Mühlau: «Man muss alles reinigen, damit es die Hygienevorschriften erfüllt. Das ist nicht ganz einfach bei einem Landwirtschaftsbetrieb, hier entsteht viel Staub.» Hinzu käme dann noch das Anbringen der Deko, die Vorbereitung der Esswaren, die Rekrutierung von Helfern.
Und natürlich spielt auch der finanzielle Aspekt eine Rolle: «Wenn man keine Grossfamilie hat, die gerne umsonst mit anpackt, sondern Helfer organisieren und die dann auch entlöhnen muss, bleibt am Schluss nichts mehr übrig», sagt Bucher. «Die Gäste, die Freude haben am Brunch, geben einem viel zurück. Wir haben das gerne gemacht, aber jedes Jahr ist das dann einfach zu viel.»
Dass der Aufwand für die Landwirte im Sommer gross ist, sieht auch Sandra Helfenstein, Mediensprecherin des Schweizer Bauernverbands. «Das Hauptproblem ist, dass der Brunch sehr arbeitsintensiv ist und in eine Zeit fällt, in der die Betriebe sowieso schon sehr viel Arbeit haben», so Helfenstein. Deshalb versuche man, die Landwirte zu entlasten, etwa mit einem neuen Ticketing-System.
Doch das ist nicht der einzige Grund, weshalb weniger Betriebe ein Buurezmorge anbieten. «Die Landwirtschaft ist einem starken Strukturwandel unterworfen. Wir haben nicht die Illusion, dass wir wieder auf 500 Betriebe kommen wie in unseren Spitzenzeiten», sagt Helfenstein. Aber an den Stand von vor Corona anzuknüpfen, das sei das Ziel.
Und: Helfenstein will auch kleinere Betriebe ermutigen, Brunches anzubieten. «Es muss nicht immer nur noch grösser, sondern es darf auch etwas familiärer sein!» Wichtig sei, dass die Tradition des 1.-August-Zmorge weitergehe. «Es wäre sehr schade, wenn wir eine Kontaktmöglichkeit verlieren würden, in einer Zeit, wo wir das Gefühl haben, dass es ein Auseinanderdriften gibt zwischen der Landwirtschaft und der übrigen Bevölkerung.» Denn es gebe sehr viele Berührungspunkte und es sei deshalb auch wichtig, dass ein gegenseitiges Verständnis vorhanden sei.
KI kann vieles, aber kein Essen auf den Tisch zaubern.
Das gegenseitige Verständnis, das Brücken schlagen zwischen den Menschen, ist auch das, was Judith Rüegg antreibt weiterzumachen.
Denn im Gegensatz zu Ralf Bucher aus Mühlau will sie weiter Brunches anbieten. «Den Austausch zwischen der Bevölkerung und der Landwirtschaft finde ich sehr wichtig», sagt die Bäuerin aus Hinwil. Und ein Brunch sei ein super Gefäss dafür, denn: «Es ist sehr wichtig, dass die Leute erkennen können: kein Bauer, kein Essen, keine Zukunft. KI kann vieles, aber kein Essen auf den Tisch zaubern.»