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Zu viele Touristen Grindelwald bremst – und irritiert Tourismusorganisation

Das Dorf will keine neuen Hotels. Doch lässt sich der Tourismus bremsen? Schweiz Tourismus sieht keinen Handlungsbedarf.

Grindelwald ist eine typische Tourismusgemeinde – das Bergdorf befindet sich zwischen Abhängigkeit und Massenandrang. Doch Grindelwald hat genug, es will den Massentourismus eindämmen und vorerst keine neuen Hotels mehr zulassen. Die Diskussion wirft grundsätzliche Fragen zur Zukunft des Schweizer Tourismus auf.

Bahntunnel
Legende: Ein beliebtes Ziel: Das Jungfraujoch zieht viele Touristinnen und Touristen an. Keystone / CHRISTIAN BEUTLER

Schweiz Tourismus nimmt erstmals Stellung zum Fall und sieht diese Entscheidung kritisch. Die Meldung von Grindelwald, dass bei den Hotels auf die Bremse getreten wird, sei überraschend und auch seltsam, sagt der Leiter Unternehmenskommunikation von Schweiz Tourismus, Jean-Claude Raemy. «Hotels schaffen Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und somit Wertschöpfung.» Bei Hotels anzusetzen, sei der falsche Ort.

Bei Hotels anzusetzen, das ist der falsche Ort.
Autor: Jean-Claude Raemy Sprecher Schweiz Tourismus

Für Schweiz Tourismus besteht in Grindelwald und auch andernorts kein dringender Handlungsbedarf. «Die entscheidende Frage aus unserer Sicht lautet: Ist die Situation wirklich so dramatisch, wie sie dargestellt wird, mit gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen? Oder werden gewisse temporär vorhandene Engpässe zu einem regionalen oder nationalen Tourismusproblem hochstilisiert?»

Menschen auf Strasse
Legende: Nicht nur Grindelwald ist betroffen: Im Lauterbrunnental geben vor allem im Sommer die vielen Touristinnen und Touristen Anlass für Diskussionen. Keystone / ANTHONY ANEX

Der Sprecher von Schweiz Tourismus weist darauf hin, dass in Grindelwald und auch andernorts die Hotels noch nicht voll ausgelastet seien. Wichtig sei, die Tourismusströme mehr zu lenken, beispielsweise indem auch Werbung für unbekanntere Orte gemacht werde.

Tragen die Bahnen eine Mitverantwortung?

Die Jungfraubahnen, ein wichtiger Treiber des Tourismus in der Region, äussern sich ebenfalls zur aktuellen Debatte um Wachstumsgrenzen in Grindelwald. Katrin Naegeli, Sprecherin der Jungfraubahnen, sagt, dass man vom Entscheid der Gemeinde nicht überrascht wurde. «Wir sind im engen Austausch», so Naegeli.

Zug
Legende: Die verschiedenen Bahnen, die zu den Jungfraubahnen gehören, sind ein wichtiger Tourismusplayer in der Region. Keystone / PETER KLAUNZER

Auf die Frage nach der Mitverantwortung bezüglich der Auswüchse des Tourismus argumentiert Naegeli mit der Leistung für die Region.

Wir schaffen viele Arbeitsplätze in der Region.
Autor: Kathrin Naegeli Sprecherin Jungfraubahnen

Die Bahn sieht sich als wichtigen Wirtschaftsmotor für die Region. «Wir haben in den letzten 20 Jahren über 500 Stellen geschaffen und zahlen rund 20 Millionen Franken Steuern pro Jahr», erklärt Naegeli. Man sei sich der Verantwortung bewusst und arbeite an Lösungen zur Gästelenkung. Ziel sei es, mit der Bahn noch mehr Menschen in die Region zu bringen.

Experten fordern Umdenken im Tourismus

Tourismusforscher Romano Wyss hält dagegen. «Zu versuchen, immer mehr Touristen anzulocken – diese Zeiten sind vorbei.» Die Bedenken aus der Bevölkerung gelte es ernst zu nehmen. Es sei nicht zielführend zu sagen, es gäbe an gewissen kleineren Orten dieses Problem des Overtourism. «Es ist ein Gefühl da in gewissen Regionen, dass es am oberen Limit dessen ist, was man ertragen kann.»

Porträt
Legende: Der Tourismusforscher Romano Wyss weist darauf hin, dass an einigen Orten die Belastungsgrenze erreicht ist. HES SO

Die Idee, Touristinnen und Touristen besser zu lenken, an unbekanntere Orte zu bringen oder Hotspots abzusperren, das seien zwar gute Ideen, in der Praxis aber schwierig umzusetzen. Nötig sei ein Paradigmenwechsel im Schweizer Tourismus. Der Forscher der Hochschule für Wirtschaft in Siders sagt: «Es muss dringend eine Debatte dazu geführt werden.»

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 9.12.2025, 6:31 Uhr; wilh

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