Wer in einer anderen Schweizer Stadt ein Fest oder eine Party besucht, steht vor der Wahl: Entweder die ganze Nacht durchfeiern oder den letzten Zug nehmen. Diese Frage könnte in Zukunft kein Thema mehr sein, denn die SBB plant, an Wochenenden grosse Teile der Schweiz auch nachts zu verbinden.
Zunächst führt die SBB im kommenden Winter ein Pilotprojekt mit Nachtzügen zwischen Bern und dem Flughafen Zürich durch, wie die Bahnbetreiberin gegenüber anderen Medien bestätigte. Die Nachtverbindungen per Fahrplanwechsel seien sowohl für Nachtschwärmerinnen und Nachtschwärmer als auch für Reisende, die früh vom Flughafen Zürich losfliegen, attraktiv.
Nachtzug als Alternative zum Auto
Bei dieser Idee liegt eine Frage besonders auf der Hand: Lohnen sich solche Nachtverbindungen überhaupt? «Man kann das nicht nur von der Nachfrage her sehen», sagt der frühere EPFL-Professor Matthias Finger. Zwischen 2004 und 2015 war er Mitglied von RailCom, die schweizerische Regulierungsbehörde für den Eisenbahnmarkt.
Es gehe auch um die Verkehrsverlagerung als ein öffentliches politisches Ziel sowie um die Verbesserung der Sicherheit im Strassenverkehr, so Finger. «Man kann dann nachts Alkohol trinken und fährt dann nicht angetrunken Auto.» Das Angebot liege ausserdem im Trend, weil der Bedarf nach Mobilität immer weiter zunehme und weil sich das Bahnnetz zu einem Metrosystem mit 24-Stunden-Betrieb entwickle.
Die Nacht ist für die SBB wichtig: Die Geleise werden oft in dieser Zeit unterhalten, obendrein fahren Güterzüge in diesen Stunden. Wie findet hier der Personenverkehr noch Platz? «Das ist eine technische Herausforderung für die SBB – noch vor der Nachfrage», sagt Finger.
Unter Umständen subventioniert
Der Fernverkehr in der Schweiz ist finanziell nicht von der öffentlichen Hand gefördert. Er muss also eigenwirtschaftlich funktionieren. Wie soll das bei den Nachtverbindungen gehen? Die Pläne sehen für Finger mehr nach einem erweiterten S-Bahn-System aus. «Da können unter Umständen auch Subventionen ins Spiel kommen», sagt er. Besonders die Städte könnten ein Interesse an einer solchen Verkehrsverlagerung haben.
Das Pilotprojekt der SBB läuft an acht Wochenenden im Winter 2024/2025 sowie im Herbst 2025. Dann sollen nachts Züge auf der Strecke Bern – Olten – Zürich HB – Zürich Flughafen fahren.