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Zulassung zum Zivildienst Nationalrat will Wechsel zum Zivildienst erschweren

150 Tage mehr Dienstzeit, Wiedereinführung der Gewissensprüfung: Der Nationalrat will einen unattraktiveren Zivildienst.

Der Zivildienst ist der zivile Ersatzdienst für Militärdienstpflichtige, die nicht mehr in der Armee bleiben oder gar nicht erst eintreten wollen. Im Gegensatz zum Zivilschutz räumen sie nicht nach Katastrophen wie in Blatten im Wallis auf, sondern helfen zum Beispiel in Spitälern mit.

Die Armee wird Ende dieses Jahrzehnts den erforderlichen Effektivbestand nicht mehr erreichen ...
Autor: Heinz Theiler FDP-Nationalrat

Fast 7000 Männer haben 2023 die Zulassung zum Zivildienst erhalten – zu viel, sagen Bundesrat und die meisten bürgerlichen Nationalräte. Diesen Trend will der Nationalrat stoppen, die Hürden für einen Übertritt in den Zivildienst sollen erhöht werden. Weil die Armee sonst in Not gerate, warnte der Schwyzer FDP-Nationalrat Heinz Theiler: «Die Armee wird Ende dieses Jahrzehnts den erforderlichen Effektivbestand nicht mehr erreichen, nicht zuletzt wegen der hohen Abgänge in den Zivildienst.»

Das würde sich für künftige Zivis ändern

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Der Nationalrat hat am Morgen die umstrittenen Massnahmen des Bundesrates gutgeheissen, die der Armee zu mehr Personal verhelfen sollen. Der Ständerat muss allerdings noch darüber befinden. Was würde sich konkret ändern?

  • Der Zivildienst muss mindestens 150 Tage dauern.
  • Der Faktor «1.5 Zivildiensttage pro Militärdiensttag» soll neu auch für (Unter-)Offiziere gelten.
  • Jährliche Einsatzpflicht im Zivildienst.
  • Wer seine Ausbildung in der Armee beendet hat, kann nicht mehr zum Zivildienst wechseln.
  • Wird ein Gesuch während der Rekrutenschule bewilligt, müssen Zivis ihren langen Einsatz spätestens bis zum Ende des Jahres nach der Zulassung leisten (früher als heute).
  • Nicht mehr erlaubt sind spezifische Zivildiensteinsätze, die ein Human-, Zahn- oder Tiermedizinstudium erfordern.

Auch nach einer möglichen Zustimmung des Ständerats sind die Änderungen noch nicht definitiv: Es kann ein Referendum dagegen ergriffen werden. Ein solches hat der Schweizerische Zivildienstverband Civiva bereits angekündigt.

Eine Kampfbrigade an Wehrmännern verliere die Armee an den Zivildienst, hiess es weiter. Prognosen des VBS zeigten: Bis im Jahr 2030 könnten der Armee Soldaten fehlen, weil die Dienstpflicht von zwölf auf zehn Jahre verkürzt wurde und weil durch die demografische Entwicklung weniger Wehrpflichtige nachrücken.

«System aus dem Gleichgewicht geraten»

Das findet die bürgerliche Mehrheit im Rat problematisch. Vor allem dann, wenn Soldaten abspringen, die bereits die Rekrutenschule absolviert haben. Das sind die meisten. Für sie soll der Wechsel mit der Pflicht zu weiteren 150 Diensttagen als Zivi unattraktiver werden. Es gehe nicht um eine Abschaffung, sagt Stefanie Heimgartner von der SVP: «Das System ist aus dem Gleichgewicht geraten. Es liegt in unserer Verantwortung, dieses Gleichgewicht wieder herzustellen.»

Im Zivildienst leisten die Zivis bereits jetzt eine 1.5-Mal so lange Dienstzeit wie im Militär. Mit dieser Formel soll neu auch Unteroffizieren und Offizieren der Wechsel erschwert werden.

Diese Massnahmen sollen auch jene vom Zivildienst abhalten, die sich nach ihrer militärischen Ausbildung mit einem Wechsel dem obligatorischen Schiessen entziehen möchten. Mit diesen neuen Hürden könnte die Zulassungen der Zivis nach Annahme des Bundes pro Jahr auf 4000 sinken.

Ratslinke wehrt sich vehement

Die Ratslinke und die GLP wehrten sich vehement gegen diese Massnahmen. Sie wollten die Diskussion darüber verhindern und die Vorlage zurückweisen. Gerhard Andrey von den Grünen sieht keine Bestandsprobleme bei der Armee. Deshalb sei die Vorlage unnötig: «Sie stellt eine reine Abschreckungsstrategie dar und verfolgt das Ziel, den Zivildienst unattraktiver zu machen und damit ein vermeintliches Problem der Armee zu lösen.»

Statt nach Lösungen zu suchen, die alle Dienste stärken, wird der Zivildienst geschwächt und gegen Armee und Zivilschutz ausgespielt.
Autor: Linda de Ventura SP-Nationalrätin

Linda de Ventura von der SP wollte den Frontalangriff auf den Zivildienst verhindern: «Statt nach Lösungen zu suchen, die alle Dienste stärken, wird der Zivildienst geschwächt und gegen Armee und Zivilschutz ausgespielt.» Auch der Schweizerische Zivildienstverband Civiva kritisiert, die Massnahmen stellten die Grundidee des Zivildienstes infrage, und stellt bereits ein Referendum in Aussicht.

Doch der Zivildienst kommt noch mehr unter Druck. Der Nationalrat pocht mit der Annahme eines Postulats auf eine Wiedereinführung der Gewissensprüfung für die Zulassung zum Zivildienst. Das ist der Prozess, in welchem früher ein junger Mann vor einer zivilen Kommission zu erklären hatte, weshalb er aus Gewissensgründen nicht in die Armee eintreten wolle.

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