Zum Inhalt springen

Zurück zum Normalfall? In allen 26 Kantonen haben wieder die Bürgerlichen das Sagen

Mit der Genfer Wahl vom letzten Sonntag ist auch die letzte links-grüne Bastion in einer Kantonsregierung verschwunden. Nun sind sämtliche 26 Kantone wieder bürgerlich regiert. Linke hätten fast nie eine Chance auf eine Mehrheit, sagt Politgeograf Michael Hermann.

In allen 26 Kantonsregierungen regiert wieder eine bürgerliche Mehrheit. Das sei jedoch keine Ausnahme, sondern die Regel, sagt Politgeograf Michael Hermann: «Wenn die Bürgerlichen keine Fehler machen, dann gewinnen sie im Normalfall.»

Spannen Mitte, FDP und SVP zusammen und unterstützen gegenseitig ihre Kandidierenden, dann ist ihnen eine Mehrheit eigentlich garantiert. Nur wenn dieser Zusammenschluss bröckelt oder die Wählerschaft nicht geschlossen bürgerlich wählt, hat die Linke eine Chance auf die Mehrheit.

Konflikt zwischen Stadt und Kanton?

Box aufklappen Box zuklappen

Die politischen Konflikte zwischen den links-grünen Städten und den Kantonen werden wegen der bürgerlichen Mehrheiten in den Kantonsregierungen künftig kaum grösser. Denn auch wenn es immer wieder Diskussionen gibt: Die Situation hat sich im Vergleich zu früher, als die Städte neu rot-grün regiert waren, eher entspannt.

In Zürich beispielsweise gab es in den 1990er-Jahren viel härtere Auseinandersetzungen – etwa in verkehrs-, finanz- oder gesellschaftspolitischen Fragen oder in der Drogenpolitik. Die Städte waren damals finanziell schlecht aufgestellt, das ist heute anders. Jetzt haben sie ein grosses finanzielles Polster – deshalb etwa kann beispielsweise Zürich heute entsprechend selbstbewusster auftreten.

Denn sowohl auf nationaler als auch auf kantonaler Ebene kommt Links-grün nicht über ein Wählerpotenzial von mehr oder weniger 30 Prozent hinaus.

Stimmung wieder eher konservativ

Im Moment funktioniere der bürgerliche Block wieder besser, meint Hermann. Hinzu komme ausserdem, «dass die Stimmung momentan, nachdem wir ja vor vier Jahren eine relativ progressive, ökologische Stimmung hatten, eher wieder etwas konservativer geworden ist».

Beide Faktoren führen laut dem Politgeografen zum «Normalfall» der bürgerlichen Mehrheit in den Kantonsregierungen.

Anders sieht es jedoch in den Städten aus, die seit etwa 30 Jahren fast alle links-grün regiert werden. Dort leben laut Hermann viele linke Wählerinnen und Wähler. Dies schaffe «umgekehrt eine strukturelle Mehrheit für linke Parteien, und so ist es dann ausgesprochen schwierig für Bürgerliche, sich dort durchzusetzen».

Linke Städte stehen also rechten Kantonen gegenüber. Dieser Umstand könne auch zu Reibereien führen, meint Hermann.

HeuteMorgen, 02.05.2023, 06:00 Uhr

Meistgelesene Artikel