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Zuschlag für junge Ausländer Kosovaren zahlen bis zu 74 Prozent mehr für Autoversicherung

Nur fair oder diskriminierend? Autoversicherer stützen sich auf die Unfallstatistik und berechnen je nach Nationalität andere Prämien. Besonders frappant sind die Unterschiede in der Stadt Basel.

Nothelfer, Fahrstunden, Theorieprüfung, Verkehrskundeunterricht, WAB-Kurs und ein bunter Strauss an Gebühren: Der Weg zum Führerschein kostet Zeit, Nerven und vor allem eines: Geld. Gerade für junge Menschen sind mehrere tausend Franken ein ordentlicher Batzen. Und sobald das Strassenverkehrsamt grünes Licht gibt, geht’s erst richtig ans Eingemachte – sofern man sich denn ein eigenes Auto leisten kann und will.

Nicht zu unterschätzen sind dabei die Kosten für die Autoversicherung. Auch hier müssen Neulenkerinnen und Neulenker oft mit mehr als 1000 Franken pro Jahr rechnen. Die Prämien können sich dabei drastisch unterscheiden, wie eine Analyse des Vergleichsdienstes Comparis zeigt: Ein gewichtiger Faktor ist dabei die Nationalität der Junglenker.

Südosteuropäer zahlen deutlich mehr

So zahlen junge Männer mit Pässen aus dem Kosovo, Nordmazedonien und der Türkei bis zu 75 Prozent für die Autoversicherung mehr als gleichaltrige Schweizer, die dasselbe Auto fahren. Bei jungen Portugiesen sind es immerhin noch 25 Prozent, die an Mehrkosten anfallen.

Auto im Strassenverkehr
Legende: Comparis hat sich in seiner Erhebung auf Männer mit unterschiedlichen Nationalitäten konzentriert, die bestimmte Automarken fahren. Am günstigsten fährt es sich übrigens als Deutscher in St. Gallen – sofern man einen Skoda Octavia besitzt. Keystone/Gaetan Bally

Bei erfahrenen Lenkern sind die Unterschiede kleiner. Ein 42-jähriger Kosovare bezahlt aber beispielsweise in Zürich immer noch über 50 Prozent mehr als ein gleichaltriger Schweizer. Durchschnaufen können die Deutschen: Sie zahlen den kleinsten Aufschlag bei den Versicherern – und in gewissen Kantonen sogar weniger als Schweizer Autofahrer.

Versicherer berufen sich auf Unfallstatistik

Aber wie kann es sein, dass der Pass darüber mitentscheidet, wie viel man zahlen muss? Die Versicherer argumentieren mit der Statistik: Diese zeige klar, dass junge Lenker gewisser Autos mit bestimmten Staatsangehörigkeiten mehr in Unfälle verwickelt seien. Deswegen sei der Zuschlag auch nicht diskriminierend.

Junger Kosovare im Mercedes fährt am teuersten

Box aufklappen Box zuklappen

Den grössten Prämienunterschied gibt es gemäss der Erhebung bei 20-jährigen Kosovaren in der Stadt Basel, die einen Mercedes-Benz GLC fahren. Hier betrage der Prämienzuschlag im Schnitt 74.4 Prozent. An zweiter Stelle folgten die Nordmazedonier (73.6 Prozent) und Türken (72.9 Prozent) – ebenfalls in Basel und mit einem Mercedes-Benz.

Die Nationalität sei bei den Versicherern ein wichtiges Kriterium, um die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts zu berechnen, schreibt Comparis. Neben der Nationalität seien etwa Alter, Wohnort, Geschlecht oder Fahrerfahrung ausschlaggebend für die Prämienhöhe.

«Gerade junge Ausländer, die teure Autos fahren, müssen bei der Autoversicherung mit hohen Zuschlägen rechnen», sagt Comparis-Experte Adi Koleci. Und auch bei den Leistungen gebe es Unterschiede. Denn viele Versicherer würden Junglenkern zusätzlich einen höheren Selbstbehalt aufzwingen als erfahrenen Lenkern.

Für den einzelnen Fahrer mit ausländischem Pass seien die höheren Tarife aber durchaus diskriminierend, sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Ammann: «Er kann noch so vorsichtig fahren und wird trotzdem mit hohen Prämien bestraft.» Kommt hinzu: Sobald sich jemand aus dem Kosovo oder der Türkei einbürgern lässt, kann die Prämie drastisch sinken.

«Undenkbar» in der EU

Die Ungleichbehandlung aufgrund der Nationalität ist in der Schweiz erlaubt – im Gegensatz zur EU. Auch das Geschlecht darf dort bei der Bemessung der Autoversicherung seit über zehn Jahren keine Rolle mehr spielen. «Unterschiede, wie es sie in der Schweiz gibt, wären dort schlicht undenkbar», sagt Ammann. «In den Mitgliedstaaten der EU schauen die Versicherer auf die Geschichte, also ob jemand bereits Unfälle verursacht hat oder sonst vorbestraft ist.»

Mann hinter dem Steuer eines Tesla
Legende: In Ländern wie Deutschland tragen die vorsichtigen Fahrerinnen und Fahrer die Risiken der Unvorsichtigen bis zu einem gewissen Grad mit. Dafür wird allerdings auch niemand diskriminiert. Keystone/Gaetan Bally

In der Schweiz gab es wiederholt Vorstösse von linken Parteien, um diese Praxis zu beenden. Bereits vor knapp zwanzig Jahren bezeichnete die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus die Tarife der Versicherer als diskriminierend.

Bund sieht keinen Handlungsbedarf

Das Bundesamt für Justiz stellt sich aber bisher auf den Standpunkt, dass die Prämienunterschiede aufgrund der Nationalität keine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes seien. «Rechtsexperten kritisieren dies Haltung allerdings seit Jahren», sagt Ammann.

Bis auf Weiteres dürfte sich an der Praxis nichts ändern. Denn die Mühlen der Politik mahlen bekanntlich langsam – und ob ein Vorstoss heute mehrheitsfähig wäre, steht in den Sternen.

SRF 3, 20.08.2024, 7:40 Uhr ; 

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