Nothelfer, Fahrstunden, Theorieprüfung, Verkehrskundeunterricht, WAB-Kurs und ein bunter Strauss an Gebühren: Der Weg zum Führerschein kostet Zeit, Nerven und vor allem eines: Geld. Gerade für junge Menschen sind mehrere tausend Franken ein ordentlicher Batzen. Und sobald das Strassenverkehrsamt grünes Licht gibt, geht’s erst richtig ans Eingemachte – sofern man sich denn ein eigenes Auto leisten kann und will.
Nicht zu unterschätzen sind dabei die Kosten für die Autoversicherung. Auch hier müssen Neulenkerinnen und Neulenker oft mit mehr als 1000 Franken pro Jahr rechnen. Die Prämien können sich dabei drastisch unterscheiden, wie eine Analyse des Vergleichsdienstes Comparis zeigt: Ein gewichtiger Faktor ist dabei die Nationalität der Junglenker.
Südosteuropäer zahlen deutlich mehr
So zahlen junge Männer mit Pässen aus dem Kosovo, Nordmazedonien und der Türkei bis zu 75 Prozent für die Autoversicherung mehr als gleichaltrige Schweizer, die dasselbe Auto fahren. Bei jungen Portugiesen sind es immerhin noch 25 Prozent, die an Mehrkosten anfallen.
Bei erfahrenen Lenkern sind die Unterschiede kleiner. Ein 42-jähriger Kosovare bezahlt aber beispielsweise in Zürich immer noch über 50 Prozent mehr als ein gleichaltriger Schweizer. Durchschnaufen können die Deutschen: Sie zahlen den kleinsten Aufschlag bei den Versicherern – und in gewissen Kantonen sogar weniger als Schweizer Autofahrer.
Versicherer berufen sich auf Unfallstatistik
Aber wie kann es sein, dass der Pass darüber mitentscheidet, wie viel man zahlen muss? Die Versicherer argumentieren mit der Statistik: Diese zeige klar, dass junge Lenker gewisser Autos mit bestimmten Staatsangehörigkeiten mehr in Unfälle verwickelt seien. Deswegen sei der Zuschlag auch nicht diskriminierend.
Für den einzelnen Fahrer mit ausländischem Pass seien die höheren Tarife aber durchaus diskriminierend, sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Ammann: «Er kann noch so vorsichtig fahren und wird trotzdem mit hohen Prämien bestraft.» Kommt hinzu: Sobald sich jemand aus dem Kosovo oder der Türkei einbürgern lässt, kann die Prämie drastisch sinken.
«Undenkbar» in der EU
Die Ungleichbehandlung aufgrund der Nationalität ist in der Schweiz erlaubt – im Gegensatz zur EU. Auch das Geschlecht darf dort bei der Bemessung der Autoversicherung seit über zehn Jahren keine Rolle mehr spielen. «Unterschiede, wie es sie in der Schweiz gibt, wären dort schlicht undenkbar», sagt Ammann. «In den Mitgliedstaaten der EU schauen die Versicherer auf die Geschichte, also ob jemand bereits Unfälle verursacht hat oder sonst vorbestraft ist.»
In der Schweiz gab es wiederholt Vorstösse von linken Parteien, um diese Praxis zu beenden. Bereits vor knapp zwanzig Jahren bezeichnete die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus die Tarife der Versicherer als diskriminierend.
Bund sieht keinen Handlungsbedarf
Das Bundesamt für Justiz stellt sich aber bisher auf den Standpunkt, dass die Prämienunterschiede aufgrund der Nationalität keine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes seien. «Rechtsexperten kritisieren dies Haltung allerdings seit Jahren», sagt Ammann.
Bis auf Weiteres dürfte sich an der Praxis nichts ändern. Denn die Mühlen der Politik mahlen bekanntlich langsam – und ob ein Vorstoss heute mehrheitsfähig wäre, steht in den Sternen.