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Zuversicht bei Lehrbetrieben Berufseinsteiger in Detailhandel und Informatik haben gute Karten

  • Rund 70'000 junge Leute, die ihre Lehre abgeschlossen haben, suchen jetzt eine Stelle, wenn sie nicht im Lehrbetrieb weiterarbeiten können.
  • Der Lehrstellenpuls, ein Forschungsprojekt der ETH Zürich, untersucht seit April die Auswirkungen der Coronakrise auf die Berufseinsteiger.
  • Damals waren ihre Aussichten nicht so gut. Doch laut dem neuesten Bericht hat sich die Arbeitsmarktsituation überraschend schnell erholt.

70 Prozent der Lehrbetriebe wollen trotzt Corona gleich viele Lehrabgänger beschäftigen wie letztes Jahr. Das zeigt eine Umfrage bei 3000 Betrieben. Gleichzeitig sinkt die Zahl jener, die wahrscheinlich nicht bleiben können.

In manchen Branchen läuft es besser als erwartet. Das gibt den Betrieben wieder mehr Planungssicherheit und sie können Personal einstellen. Der Lehrstellenpuls der ETH Zürich für den Monat Juli überrascht sogar das Forscherteam. «Was uns aufgefallen ist bei der ersten Messung, die wir im April gemacht haben, im Vergleich zu Mai, Juni, ist doch die rasche Erholung», sagt Ursula Renold. Sie ist Professorin für Bildungssysteme an der ETH.

Detailhandel und Fahrzeugbranche beflügelt

Nicht nur erholt, sondern sogar verbessert hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt für junge Berufseinsteiger im Detailhandel und der Fahrzeugbranche. Dort würden die Arbeitgeber gerne mehr Jugendliche als im Vorjahr einstellen. Die Umstände durch die Coronakrise haben diese Branchen beflügelt, weil die Leute selber einkauften und kochten oder vom Zug aufs Velo umgestiegen sind. Aber auch Informatiker sind gefragter denn je, weil die Schweiz auf den Homeoffice-Geschmack gekommen ist.

Die Informatik ist stark von der Erholung betroffen, weil wir alles online machen mussten. Deshalb brauchte es auch mehr Informatiker.
Autor: Ursula Renold Professorin für Bildungssysteme ETH

«Die Informatik ist ebenfalls stark von der Erholung betroffen, weil wir alles online machen mussten. Deshalb brauchte es auch mehr Informatiker, das sehen wir in den Daten», sagt Renold. Auch in den Sorgenkinder-Branchen geht die Ungewissheit stetig zurück. Dennoch ist die Unsicherheit punkto Weiterbeschäftigung der Lehrabgänger in den Berufsfeldern Nahrung, Gesundheit und Gastgewerbe und Hotellerie immer noch am Grössten.

Schutzkonzepte hindern Geschäftsentwicklung

Und Fachleute wie Zahntechniker, Bäcker oder Augenoptiker sind oft kleine KMU, die wahrscheinlich durch die Auflagen des Bundes zusätzlich geschwächt werden, schätzt Renold: «Wir vermuten, dass das damit zusammenhängt, dass nicht alle KMU ihren Geschäftsverlauf gut entwickeln können, solange sie diese Schutzmassnahmen einhalten müssen.»

Schwer trifft es Lehrabgänger aus den Bereichen Metall und Maschinen sowie Uhren. Die MEM-Branche ist zu 80 Prozent exportorientiert und somit stark von der Entwicklung der globalen Wirtschaft abhängig. Wie sich die Situation für die Lehrabgänger weiterentwickelt, hängt gemäss Renold vor allem davon ab, ob die Wirtschaft ihren Schwung halten kann, oder ob die pulsierenden Branchen die schwächeren kompensieren können.

Echo der Zeit, 06.08.2020, 18 Uhr

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